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Ruska, Julius; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 2. Abhandlung): Zur ältesten arabischen Algebra und Rechenkunst — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37635#0010
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J. Ruska:

Ausdruck „Ergänzung^ und Ausgleichungsrechnung“ mißverstanden
haben, wenn er sich in das Buch eingelesen hatte und im Text
den Imperativen „ergänze“ oder „gleiche aus“ mit den Anweisungen
zur Ausführung der Rechnung begegnete. Daß der Verfasser die
Operationen erst da erläutert, wo er sie zum erstenmal anwendet,
ist ebenso vernünftig und didaktisch richtig, als es zwecklos gewesen
wäre, sie schon in dem „eigentlich theoretischen Teile“ zu erwähnen,
wo gar kein Gebrauch davon gemacht wird.
Die Frage, ob Muhammad b. Müsä die beiden Ausdrücke
algabr und almukäbalah als erster angewandt und in die Praxis
der Gleichungen eingeführt hat, oder ob er damit schon einer festen
Tradition und alten Übung folgte, wird nur im Zusammenhang mit
der Prüfung der gesamten Terminologie und literarischen Form seines
Werkes der Lösung näher gebracht werden können. So viel kann
jetzt schon gesagt werden, daß wenn bereits eine Tradition bestand,
sie auf arabischem Sprachgebiet nur innerhalb der Praxis des
Geschäftsrechnens gesucht werden kann. Zeugnisse, die älter
wären als die Algebra des Muhammad b. Müsä, sind aber bis
jetzt nicht bekannt, und so werden wir vorläufig wenigstens mit
der Möglichkeit rechnen, daß er selbst bei der Bearbeitung seiner
Quellen jene anschaulichen Wendungen an die Stelle der abstrak-
teren Terminologie der Griechen und Inder gesetzt hat.
amountequal to this restoration to the other side, sö as to rnake the completion
(on the one side) and this addition (on the other side) to face (or to balance)
one another.“
Da ich darauf aufmerksam gemacht werde, daß auch die Erklärungen
bei Cantor (I3, S. 719) unklar seien, und Tropfke (Geschichte der Elementar-
mathematik I, S. 152) modernisierend dschebr als „Hinüberschaffen negativer
Glieder auf die andere Seite der Gleichung“, mukäbala fälschlich als „Vereinigen
gleichartiger Glieder auf beiden Seiten zu einem Gliede“ bezeichnet, will ich
versuchen, die vier Operationen, durch die jede Gleichung ersten Grades gelöst
wird, aus der Anschauung der Araber heraus an einem Zahlenbeispiel zu er-
läutern. In der Gleichung 13 x — 5 = 7 x + 4 ist die linke Seite „unvollständig“,
da sie ein „subtraktives“ oder „fehlendes“ Glied enthält. Sie muß also ein-
gerichtet, vervollständigt, ergänzt werden, wie ein gebrochenes Glied eingerichtet,
ein fehlendes ergänzt wird. Der Araber weiß nichts vom „Hinüberschaffen“
eines negativen Glieds oder vom „Ordnen“ der Gleichung; er sagt „ergänze
mit fünf“. Die „Vergleichung“ der beiden Seiten 13 x = 7 x -f 9 ergibt dann
einen Überschuß von 7x, der weggelassen werden kann; also „gleiche mit dem
Überschuß 7 x aus“. Die resultierende Gleichung 6x = 9 muß jetzt noch auf
1 x = 1| „zurückgeführt“, in Fällen wie = 6 zu 1 x = 8 „vervollständigt“
werden, damit man den Wert der Unbekannten erhält.
 
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