Metadaten

Ruska, Julius; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 2. Abhandlung): Zur ältesten arabischen Algebra und Rechenkunst — Heidelberg, 1917

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37635#0103
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Zur ältesten arabischen Algebra und Rechenkunst.

103

XI. Aus dem Kapitel über die Messung.
Das Kapitel über die Messung hat Aristide Marre zuerst
1846 in den Nouvelles Annales de Mathematiques, Bd. 5, S. 557—570
nach Rosens Übersetzung, dann 1865 in den Annali di Matematica
pura ed applicata Bd. 7, S. 269 «litteralement sur le texte arabe lui-
meme» ins Französische übersetzt. Ich beabsichtige nicht, diese drei
Übersetzungen mit dem Original zu vergleichen1, sondern beschränke
mich auf terminologische Bemerkungen, die mir das Original selbst
nahe legt. Vorher aber ist eine grundsätzliche Frage zu erledigen.
Cantor hat I3, S. 726 ff. über das Kapitel von den Messungen
berichtet und bemerkt, daß es „unzweifelhaft wieder griechischen
Quellen“ entstammt. Auch Hankel hat schon (a. a. 0., S. 271) die
Behauptung aufgestellt, daß in dem Kapitel nichts Indisches zu
finden sei als der Wert q/10 für n. Mit solchen Versicherungen
ist aber nichts bewiesen. Es kommt doch vor allem auf die Frage
an: Flat sich Muhammad b. Müsä bei der Ausarbeitung seiner
Algebra griechischer oder indischer Quellen bedient? Müssen wir
an schriftliche Darstellungen des Gegenstands denken, so daß also
Muhammad b. Müsä entweder Sanskrit oder Griechisch zu lesen
imstande war, oder ist an eine Vermittlung des Stoffs in lebendigem
Gedankenaustausch zwischen ihm und gelehrten Indern oder Griechen
am Hofe des Kalifen zu denken? Dürfen wir die nächste Quelle,
die der Überlieferung nach doch indisch gewesen ist, einfach aus-
schalten, weil die elementaren Dinge, um die es sich in der Geo-
metrie handelt, selbstverständlich auch griechisch sind?
Den Beweis für die griechische Herkunft des Kapitels sucht
Cantor mit Hilfe einer quadratischen Figur zum pythagoreischen
Lehrsatz zu führen, die als einzige Buchstaben an den Ecken
und Schnittpunkten hat, und zwar „solche, die . . . ins Griechische
übertragen eine richtige Reihenfolge der gewählten Buchstaben
geben“. Die Korrektur J für j ist jedenfalls richtig, das Fehlen
des 5 zeigt, daß es sich um Übertragung der Buchstaben des grie-
1 Der erste Satz £ljS j £ljj j Lc'l j a>.ij ic-l
lautet wörtlich: „Wisse, daß der Sinn von ‘eins in eins’ nur (eine) Messung (ist),
und sein Sinn ist ‘eine Elle in eine Elle’. Marre beanstandet Rosens Übersetzung
one by one is mensuration, glaubt aber J\ lei lesen zu müssen, um ‘un
par un appartient au Messähat’ übersetzen zu können. Die Änderung des Textes
ist auf alle Fälle verfehlt, denn man kann arabisch nicht ^ sagen;
wohl aber kann man nach Bedarf auch „betrifft“ als Kopula einfügen.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften