Der Alkibiades-Kommentar des Jamblichos.
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282,15 der Mythus als λόγος προφερόμενος (vgl. P 259 z. 111A;
P 286 z. 113A; JV 154, 4ff.) etwas Zwiefaches: er besteht aus
einer durch ποικιλία (vgl. S. 22) und διαφοραί gekennzeichneten λέξις,
die, nach VI 246, 3; 255, 14 zu schließen, der sinnlich-tierischen
Natur der Seele entspricht, und einer διάνοια (vgl. 264, 16), deren
Eigenart das εν άπλοΰν ausmacht. Von dieser Einheit heißt es
bereits 277, 17:
άπλοΰς ο μύθος τής άληθείας εφυ (Eurip. Phoen. 470).
Ihr Träger ist der VI 255, 11 ähnlich wie Theaet. 189Eff.; Sophist.
263Eff. sogenannte λόγος σιγώμενος (vgl. 106A σιγάν; P 44; 56;
166), der dem geistig-göttlichen Seelenteil, dem νους und der φρο-
νησις, gleichgesetzt werden muß. Deshalb wird auch 289, 9 der
Mythus selbst tatsächlich als göttliches Wesen angesprochen.
Auf diese Art gestaltet er sich geradeso wie die Mysterien zu einer
Offenbarung des in ihm verborgenen Gottes.
Auf den „Alkibiades“ angewandt, ergibt diese Lehre die
zwei P43ff. ausgesprochenen Gleichungen, die für die Erklärung
des Ganzen grundlegend sind und daher auch schon öfters im Vor-
ausgehenden gestreift werden mußten. Sie entsprechen der VI
236, 23 aufgestellten Begriffsbestimmung der menschlichen φύσις als
der mit dem λόγος bezw. dem νους ausgestatteten ψυχή vollständig.
Die erste lautet: Σωκράτης = ό νους τής ψυχής; denn der
Philosoph ist nach 103A; 131E im Gegensatz zu dem όχλος der
άλλοι έρασταί der εις μόνος (vgl. S. 22). Die zweite heißt: Άλκι ß ιάδης
= ή ψυχή λογική d. h. die Seele, die zu dem ποικίλον des Körpers
(s. S. 30) herabgezogen und dadurch dem ihr innewohnenden
νοερόν entfremdet wird, zu dem sie aber wieder emporgeführt
werden soll. Wer daher nach Jamblichos den tieferen Sinn unseres
Dialogs erfaßt hat, dem offenbart er den in Alkibiades-λόγος
wirkenden Sokrates-νοΰς (vgl. Resp. 494Bff.), welcher das in der
Seele allgegenwärtige Göttliche darstellt (s. 133C; 104D und
P 142ff., wo die Tätigkeit des Philosophen als ein άπλοΰν be-
zeichnet wird).
Hiernach entpuppt sich die Aufforderung 282, 1 ff. (vgl. V
220, 11 ff.), unentwegt der Deutung der telestischen Mythen nachzu-
gehen, im Grunde genommen als eine Mahnung zum Eindringen
in die Mystik des „Alkibiades“. — 283, 21 μώσθαι : Cratyl. 408B;
vgl. Mem. II 1,20 = Epicharm. fr. 288 K; s. S. 39 z. VI 250, 10.
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282,15 der Mythus als λόγος προφερόμενος (vgl. P 259 z. 111A;
P 286 z. 113A; JV 154, 4ff.) etwas Zwiefaches: er besteht aus
einer durch ποικιλία (vgl. S. 22) und διαφοραί gekennzeichneten λέξις,
die, nach VI 246, 3; 255, 14 zu schließen, der sinnlich-tierischen
Natur der Seele entspricht, und einer διάνοια (vgl. 264, 16), deren
Eigenart das εν άπλοΰν ausmacht. Von dieser Einheit heißt es
bereits 277, 17:
άπλοΰς ο μύθος τής άληθείας εφυ (Eurip. Phoen. 470).
Ihr Träger ist der VI 255, 11 ähnlich wie Theaet. 189Eff.; Sophist.
263Eff. sogenannte λόγος σιγώμενος (vgl. 106A σιγάν; P 44; 56;
166), der dem geistig-göttlichen Seelenteil, dem νους und der φρο-
νησις, gleichgesetzt werden muß. Deshalb wird auch 289, 9 der
Mythus selbst tatsächlich als göttliches Wesen angesprochen.
Auf diese Art gestaltet er sich geradeso wie die Mysterien zu einer
Offenbarung des in ihm verborgenen Gottes.
Auf den „Alkibiades“ angewandt, ergibt diese Lehre die
zwei P43ff. ausgesprochenen Gleichungen, die für die Erklärung
des Ganzen grundlegend sind und daher auch schon öfters im Vor-
ausgehenden gestreift werden mußten. Sie entsprechen der VI
236, 23 aufgestellten Begriffsbestimmung der menschlichen φύσις als
der mit dem λόγος bezw. dem νους ausgestatteten ψυχή vollständig.
Die erste lautet: Σωκράτης = ό νους τής ψυχής; denn der
Philosoph ist nach 103A; 131E im Gegensatz zu dem όχλος der
άλλοι έρασταί der εις μόνος (vgl. S. 22). Die zweite heißt: Άλκι ß ιάδης
= ή ψυχή λογική d. h. die Seele, die zu dem ποικίλον des Körpers
(s. S. 30) herabgezogen und dadurch dem ihr innewohnenden
νοερόν entfremdet wird, zu dem sie aber wieder emporgeführt
werden soll. Wer daher nach Jamblichos den tieferen Sinn unseres
Dialogs erfaßt hat, dem offenbart er den in Alkibiades-λόγος
wirkenden Sokrates-νοΰς (vgl. Resp. 494Bff.), welcher das in der
Seele allgegenwärtige Göttliche darstellt (s. 133C; 104D und
P 142ff., wo die Tätigkeit des Philosophen als ein άπλοΰν be-
zeichnet wird).
Hiernach entpuppt sich die Aufforderung 282, 1 ff. (vgl. V
220, 11 ff.), unentwegt der Deutung der telestischen Mythen nachzu-
gehen, im Grunde genommen als eine Mahnung zum Eindringen
in die Mystik des „Alkibiades“. — 283, 21 μώσθαι : Cratyl. 408B;
vgl. Mem. II 1,20 = Epicharm. fr. 288 K; s. S. 39 z. VI 250, 10.