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Dibelius, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 4. Abhandlung): Die Isisweihe bei Apuleius und verwandte Initiations-Riten — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37637#0030
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30

Martin Dibelius:

jene von außen her kommende Propaganda bekämpft, sagt er
(2,8): βλέπετε μή τις υμάς έσται ό συλαγωγών διά τής φιλοσοφίας καί
κενής απάτης (wie es bei den Vertretern der Theokrasie bereits
geschehen ist) κατά την παράδοσιν των άνθρώπων, κατά τά στοιχεία
του κόσμου καί ού κατά Χριστόν. Diese Leute verkünden also kein
Nebeneinander; sie wollen mit ihrer παράδοσής jede andere Predigt
überbieten; sie kennen keinen Heilsweg κατά Χριστόν, sondern
nur den κατά τά στοιχεία. Direkt wendet sich Paulus nur gegen
die Christen, die beides vereinen wollen; hinter ihnen aber stehen
die Vertreter der neuen παράδοσις.
Wenn wir also über diese wirklich nur aus dritter Hand Nach-
richten empfangen, so wird diese Beschränkung unserer Kenntnis
in gewissem Grade dadurch aufgewogen, daß Paulus ganz offen-
sichtlich in 2,18 Termini der bekämpften Lehre verwendet. Da
diese nicht von den christlichen στοιχεΐα-Verehrern, sondern von
ihren nicht-christlichen Lehrern stammen, verwandelt sich die
tertiäre Quelle hier in eine primäre. Paulus schreibt: μηδείς υμάς
καταβραβευέτω -βέλων έν ταπεινοφροσύνη (das muß ein Terminus
sein) καί -θρησκεία των άγγέλων (= των στοιχείων του κόσμου), ά
έώρακεν έμβατεύων, είκή φυσιούμενος υπό τού νοός τής σαρκός αυτού.
Die Worte enthalten von είκή ab selbstverständlich Kritik; was
vorhergeht ist aber aus Wendungen der bekämpften φιλοσοφία
zusammengesetzt. Fraglich ist seit alten Zeiten, ob ά έώρακεν
έμβατεύων zu diesen Zitaten oder zu jener Kritik gehört. Die Ur-
heber der verbreiteten Lesart ά μή έώρακεν1 sowie der singulären
Textformen ά ούκ έώρακεν, oder έωράκαμεν oder έωράκατε lasen
eine Rüge des fremden Kultus heraus; und ebenso urteilen die,
welche zu άέρα oder αιώρα oder άμετρα κενεμβατεύων verbesserten.
Diese Konjekturen beruhen alle auf der übertragenen Bedeutung
von έμβατεύω = durchforschen (vgl. II. Macc. 2, 30). Ich ver-
suchte seinerzeit unter Beibehaltung der besser überlieferten Lesart
(ohne μή) die Worte als Polemik des Paulus zu deuten und über-
setzte ,,der auf Gesichte pocht“2. Aber auch so ist nicht recht
ersichtlich, warum Paulus das mehrdeutige Wort έμβατεύειν
1 Diese Lesart findet sich in der sog. Koine-Überlieferung, ist aber auch
in Zweigen anderer Rezensionen zur Geltung gekommen. Das Eindringen
der Negation ist begreiflich, der Ausfall wäre unbegreiflich. Damit ist natür-
lich über die richtige Interpretation der Stelle noch nichts gesagt.
2 Die Geisterwelt im Glauben des Paulus 141. Vgl. auch Hermann
von Soden in seinem Kommentar.
 
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