Preußen und die belgischen Festungsverträge von 1818 und 1831. 11
gebe ich noch jetzt ohne weiteres zu; sonst wäre ja auch der Ein-
druck, den sie auf deutsche Gelehrte und Publizisten, mich selbst
eingeschlossen, gemacht hat, unerklärlich. Bei näherer Über-
legung tauchen freilich schon hier allerlei Fragen und Bedenken
auf. Wie ich bereits in meinem Buche betont habe, hatten die
Viermächte von vornherein, also schon zu der Zeit, in der sie
Integrität und Unverletzlichkeit des belgischen Gebietes zu ver-
bürgen bereit waren, die Absicht, die Aachener Abmachungen
so, wie es im Festungsvertrage nachher geschah, dem neuen Zu-
stande anzupassen. Die Augustereignisse sollen ihnen erst die
Augen geöffnet haben; indessen sind sie sich, wie zahlreiche Be-
richte bezeugen, über die belgischen Hinneigungen zu Frankreich
und die beständige Gefahr einer bewaffneten französischen Ein-
mischung auch vorher nicht im unklaren gewesen. Ein unter bel-
gischer Konnivenz erfolgender Einmarsch der Franzosen würde,
so hätten nach R. die Viermächte jetzt befürchtet, nicht als Ge-
bietsverletzung betrachtet werden; warum dann aber ein Ein-
marsch der Alliierten, der sich auf eine Abmachung mit dem bel-
gischen König gründete ? Konnte nicht in der ausdrücklichen
Verbürgung der Unverletzlichkeit auch eine Erschwerung der
Wiederholung jenes französischen Vorgehens erblickt werden,
während die betreffenden Abmachungen der Alliierten ja geheim
bleiben sollten ? Konnte es ferner nach Abtrennung luxembur-
gischer und limburgiseber Gebietsteile nicht erst recht wertvoll
erscheinen, wenigstens für den nunmehr festgestellten Staats-
umfang die Integrität zu garantieren ?
Man sieht, so ganz zwingend erscheint die Hypothese schon
für sich selbst betrachtet doch nicht; indes man würde ihr trotz-
dem vielleicht beipflichten, wenn sie mit dem Quellenbefund in
Übereinstimmung zu bringen wäre. Diese Prüfung aber bildet
nun doch den methodisch einzig richtigen Ausgangspunkt, und
lediglich ihr Ergebnis war für mich schlechthin entscheidend,
nicht, die mir von R. hier wieder zugeschriebene Neigung, daß
,,es mich nun einmal drängte, alles, was sich auf die Verträge
von 1818/31 bezieht, möglichst gering zu bewerten".
Bei der ungewöhnlichen Ausführlichkeit und Reichhaltigkeit
des Aktenmaterials über die Verhandlungen der Londoner Kon-
ferenz, und zwar nicht nur der offiziellen Protokolle und Doku-
mente, in denen mit R. Aufschlüsse über derartige Dinge am
wenigsten zu erwarten sind, sondern namentlich der fortlaufendem
gebe ich noch jetzt ohne weiteres zu; sonst wäre ja auch der Ein-
druck, den sie auf deutsche Gelehrte und Publizisten, mich selbst
eingeschlossen, gemacht hat, unerklärlich. Bei näherer Über-
legung tauchen freilich schon hier allerlei Fragen und Bedenken
auf. Wie ich bereits in meinem Buche betont habe, hatten die
Viermächte von vornherein, also schon zu der Zeit, in der sie
Integrität und Unverletzlichkeit des belgischen Gebietes zu ver-
bürgen bereit waren, die Absicht, die Aachener Abmachungen
so, wie es im Festungsvertrage nachher geschah, dem neuen Zu-
stande anzupassen. Die Augustereignisse sollen ihnen erst die
Augen geöffnet haben; indessen sind sie sich, wie zahlreiche Be-
richte bezeugen, über die belgischen Hinneigungen zu Frankreich
und die beständige Gefahr einer bewaffneten französischen Ein-
mischung auch vorher nicht im unklaren gewesen. Ein unter bel-
gischer Konnivenz erfolgender Einmarsch der Franzosen würde,
so hätten nach R. die Viermächte jetzt befürchtet, nicht als Ge-
bietsverletzung betrachtet werden; warum dann aber ein Ein-
marsch der Alliierten, der sich auf eine Abmachung mit dem bel-
gischen König gründete ? Konnte nicht in der ausdrücklichen
Verbürgung der Unverletzlichkeit auch eine Erschwerung der
Wiederholung jenes französischen Vorgehens erblickt werden,
während die betreffenden Abmachungen der Alliierten ja geheim
bleiben sollten ? Konnte es ferner nach Abtrennung luxembur-
gischer und limburgiseber Gebietsteile nicht erst recht wertvoll
erscheinen, wenigstens für den nunmehr festgestellten Staats-
umfang die Integrität zu garantieren ?
Man sieht, so ganz zwingend erscheint die Hypothese schon
für sich selbst betrachtet doch nicht; indes man würde ihr trotz-
dem vielleicht beipflichten, wenn sie mit dem Quellenbefund in
Übereinstimmung zu bringen wäre. Diese Prüfung aber bildet
nun doch den methodisch einzig richtigen Ausgangspunkt, und
lediglich ihr Ergebnis war für mich schlechthin entscheidend,
nicht, die mir von R. hier wieder zugeschriebene Neigung, daß
,,es mich nun einmal drängte, alles, was sich auf die Verträge
von 1818/31 bezieht, möglichst gering zu bewerten".
Bei der ungewöhnlichen Ausführlichkeit und Reichhaltigkeit
des Aktenmaterials über die Verhandlungen der Londoner Kon-
ferenz, und zwar nicht nur der offiziellen Protokolle und Doku-
mente, in denen mit R. Aufschlüsse über derartige Dinge am
wenigsten zu erwarten sind, sondern namentlich der fortlaufendem