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Preuschen, Erwin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1918, 15. Abhandlung): Untersuchungen zum Diatessaron Tatians — Heidelberg, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.37677#0056
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56

Erwin Preuschen:

stellenden Erwägungen in willkommenster Weise zu einem festen
Ring zusammen. Bestätigt wird zudem die Richtigkeit dieser
Schlußfolgerungen durch die von Zahn nicht genügend gewürdigte
Tatsache, daß das Diatessaron tiefe Spuren in der handschrift-
lichen Überlieferung der griechischen Evangelien zurückgelassen
hat. Das im einzelnen nachzuweisen, wird eine der Aufgaben des
der Sammlung der Reste beigegebenen Kommentares sein.
5. i
Am 10. Juli 138 hatte Hadrian die Augen geschlossen. Als
ihm der Tod schon auf dem Bette saß, formte er die letzten Ge-
danken, die ihm durch die Seele zogen, zu tändelnden Versen, in
denen er die verzehrende Unruhe seines Geistes sarkastisch ver-
spottete.106) Die Regierungszeit des Kaisers hatte dem Römerreich
eine Blüte beschert, der man nur durch den Vergleich mit dem
goldenen Zeitalter gerecht werden zu können glaubte. Die Grenzen
waren gesichert, durch ein mit militärischem Sachverständnis an-
gelegtes System von Lagern, Straßen und Grenzwällen geschützt,
die Kriege beendet, durch vernünftige Änderungen in dem ge-
waltigen Verwaltungskörper des unermeßlichen Reiches der Be-
völkerung Vertrauen zu der Beamtenschaft gegeben. So waren
die Grundlagen eines Staatslebens geschaffen, das wie ein neuer
Blutstrom den Reichskörper durchfloß. Aber Hadrian wollte mehr
sein als ein Beförderer des materiellen AVohlstandes seiner Unter-
tanen. Es gab keine Frage, die ihn nicht interessierte, keine
Kunst, in der er nicht Meister sein wollte. Ob er sich auf der
Höhe des Vesuvs eine Unterkunftshütte errichten ließ, um von
dort aus das Schauspiel eines Sonnenaufgangs genießen zu
können, ob er in den Provinzen das Geistesleben studierte und
zugleich dem Handel seine Aufmerksamkeit zuwandte, ob er mit
einer den Reichsfinanzen gefährlichen Freigebigkeit Tempel er-
baute, Märkte anlegte, die Städte mit Freiheiten begabte: in allem
sollte die Welt merken, daß er nicht nur den Römern ein Römer,
106) Sein lederner Biograph Sparlianus bat sie aufzubewahren den glücklichen
Einfall gehabt (Vita Hadr. 25):
Animula vagula, blandula,
hospes comesque corporis,
quae nunc abibis in loca
pallidula, rigida, nudula,
nec, ut soles, dabis iocos.
 
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