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Neckel, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1918, 7. Abhandlung): Studien zu den germanischen Dichtungen vom Weltuntergang — Heidelberg, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.37669#0041
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Studien zu den germ. Dichtungen vom Weltuntergang.

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soll um den Johannistag durch Feuer verheert werden und bald
darauf, 'sieben Jahre vor dem Jüngsten Tage’, ins Meer ver-
sinken; die feuerverheerte Erde sinkt ins Meer (nordisch, doch
nur in der Vöhispä). . Olrik fährt fort: 'Es ist bei weitem
keine Notwendigkeit, daß Weltbrand und Weltertrinken Zusam-
mengehen; logisch gesehen, würden sie eher einander ausschließen.
Es handelt sich also nicht um ein Zwillingspaar, das von selbst
überall in der Welt entsteht; es handelt sich um ein wanderndes
Paar, dessen Reise durch die Kulturländer des Altertums wir
früher Gelegenheit gehabt haben, genau zu verfolgen (2, 210ff.).
Logisch verbunden sind sie nur da, wo man die Welt bei ihrem
Beginn aus dem Meere auftauchen und bei ihrem Ende durch
Feuer vernichtet werden läßt und zugleich annimmt, daß die
Weltschöpfung aus dem Wasser sich in einem neuen Weltlauf
wiederholt; dies will sagen: in der indischen mythischen Philo-
sophie. Aber einmal geschaffen, bildet dieses Doppelmotiv ein
so eigenartiges Paar, daß es als Ganzes zusammen auf die Wander-
schaft geht’.
An dieser Skizze mag einzelnes zu berichtigen sein. Aber
den geschichtlichen Zusammenhang zwischen den Belegen für die
doppelte Weltvernichtung wird man nicht leugnen dürfen. Das
indische Zeitfeuer, wie es im Wischnu-Purana geschildert wird,
verbreitet sich als ein Wirbel von Flammen über die Luftwelt
und ganz hinauf bis in die Götterwelt, so daß die Himmels-
bewohner ihre Sitze räumen müssen: ein Bild, das den Vorstellun-
gen der Eddalieder bemerkenswert nahe steht. Zusammenhang
wird um so eher anzunehmen sein, als außerdem nicht nur das
Versinken der Erde ins Meer, sondern auch ihr Wiederauftauchen
der indischen Überlieferung und der Völuspä gemeinsam sind:
das sind so ähnliche Anschauungsbilder — die Vertikalbewegung
der Erde, die in der Völuspä auch bei der Schöpfung vorkommt,
ist etwas anderes als eine große Überschwemmung —, daß die
Verschiedenheit der Lebensstimmung und die Besonderheiten des
indischen Gedankensystems dagegen zurücktreten1. In anderer
Weise bedeutsam ist die Übereinstimmung der Druidenlehre mit
der Völuspä. Obgleich wir für die altkeltische Eschatologie nur
1 Wenn Olrik 2, 279 nur die Unterschiede betont, so hängt das mit
seiner Überschätzung der christlichen Elemente in der Vsp. zusammen, die
sich doch eigentlich gegenüber seinen eigenen Nachweisen im 2. Bd. nicht
mehr aufrecht erhalten läßt: das tritt S. 259f. fast kraß hervor.
 
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