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Pagenstecher, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 1. Abhandlung): Über das landschaftliche Relief bei den Griechen — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37678#0017
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Über das landschaftliche Relief bei den Griechen.

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7A\ bringen sind und zwischen dem Material und den von ihm
geforderten Formen ein unlösbarer Widerspruch besteht. Dieser
Widerspruch ist zwischen Reliefplastik und landschaftlicher
Darstellung nicht vorhanden.
Die Erweiterung, von der die Rede war, geschieht aus zwei
Gründen. Einmal ist nicht zu fordern, daß Handwerker niedri-
geren Grades — denn solchen verdanken wir etwa die Vorführung
des Charonnachens auf einem Grabrelief — sich der Pflichten
bewußt waren, welche der Grabreliefkunst zum wenigsten in
Attika stets aufgelegt waren. Die engen Grenzen eines wohl
hier und da ertötenden Stilgesetzes zu sprengen, diese Sehnsucht
mochte unter der Menge der Handwerker am ehesten in denen
erwachen, welche die Wohltat strenger Rindung am wenigsten emp-
fanden, und denen es kein Schade dünkte, einmal aus dem be-
grenzten Rahmen hinüberzugreifen in ein Gebiet, dem größere
Freiheit von jeher zugebilligt wurde, in das Gebiet der Weihreliefs.
Und darin liegt der zweite Grund für die Erweiterung der
Aufgaben innerhalb der Grabreliefkunst: jene ostgriechischen
Grabreliefs13 hellenistischer Zeit halten sich fern von dem Schema
attischer Grabbilder. Sie leiten sich vielmehr aus dem Weihrelief
her, was nur erklärt werden kann, wenn wir bedenken, daß der
Hellenismus erst so recht die Heroisierung des Verstorbenen durch-
führte; auf diesem Wege mußte sozusagen von selbst aus jedem
Grabrelief ein Weihrelief werden. Es liegt bei solch einschneidender
Wandlung also keine Erweiterung der dem Grabrelief gezogenen
Grenzen, sondern die Ersetzung des Grabreliefs durch ein Rild
in den Formen des Weihreliefs vor. Und das Weihrelief hat nie
mit landschaftlichen Zutaten, die bisweilen ein geschlossenes
Landschaftsbild hervorbringen, gekargt.
Wenn das Grabrelief im letzten Grunde auch nichts anderes
als ein architektonisches, in jedem Fall, wenn auch nicht durch
eine Architektur, so doch durch die selbstverständliche Einfügung
in beschränkte Raumgrenzen und durch das notwendige Hervor-
heben des rein Menschlichen in seiner Entwicklung gehemmtes
Relief ist, so wird man dem architektonischen Relief selbst, wenig-
stens in seiner besten Zeit, eine Hinneigung zur Auflösung streng-
ster Form noch weniger zumuten können.
Das architektonische Relief äußert sich im Tempel selbst in
dreierlei Weise: als Fries, als Metope und als Giebelschmuck.
53 Pfuhl, siehe vorher. Anm.
 
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