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Pagenstecher, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 1. Abhandlung): Über das landschaftliche Relief bei den Griechen — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37678#0021
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Über das landschaftliche Relief bei den Griechen.

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Mit diesem Relief ist ein Kreislauf geschlossen, der gegen
Ende des 6. Jahrhunderts beginnt, und für dessen Ausgangspunkt
am wichtigsten mir stets die Heraklesvase nach der Art des Ando-
kides erschienen ist20. Auf der einen Seite der Held in der alten
schwarzfigurigen Technik auf seinem Bette trinkend gelagert, auf
der anderen Seite dasselbe Bild in roten Figuren; beides gleich
und beides doch wie unendlich verschieden! Von anderem ab-
gesehen: Entscheidend für unsere Frage ist das Verhältnis des
schwarzfigurigen und des rotfigurigen Herakles zu der bescheidenen
Andeutung einer Landschaft, die das rotfigurige Bild offenbar
nur noch unter dem Druck der älteren Tradition mit übernommen
hat, zur Weinlaube: Auf dem älteren Bild liegt der Ruhende tief,
niedrig, auf seiner Kline, damit sich über ihm die Ranke in ihrer
vollsten Ausdehnung erstrecken kann: der Mensch ist der Natur-
untergeordnet. Die andere Seite: Herakles stützt sich hoch auf,
neben und hinter ihm verschwindet die Ranke, die nicht mehr die
Vorstellung einer schattigen Laube, sondern eines dürftigen Über-
restes älterer Zeit hervorruft. Der Mensch bleibt das allein Maß-
gebende. Neben ihm verschwindet, was die archaische Kunst
reizvoll und zierlich machte. Alles Nebenwerk wird dem Menschen
untergeordnet, macht seiner Alleinherrschaft Platz. Es sind die
gleichen Gegensätze, welche Antonio Rossellino und Michelangelo
in ihren Tondi verkörpern21.
Mit dem Monument des Lysikrates ist der architektonischen
Reliefkunst die Freiheit der landschaftlichen Darstellung zurück-
erobert. Aber sie macht — zu ihrem Vorteil — von dieser Freiheit
wenig Gebrauch. Wir mögen bis in die römische Epoche hinunter-
gehen: fast durchweg hat gesunder künstlerischer Sinn es ab-
gelehnt, rein architektonische Friese landschaftlich auszugestalten:
wie kümmerlich sind auf den Campanareliefs die selten vor-
kommenden Grotten behandelt, wie spärlich die kahlen Bäum-
chen, welche zwei aneinander stoßende Platten scheidend und an
gleichartige Bäume etruskischer Wandgemälde erinnernd, zwischen
den einzelnen Figuren als äußere Trennung aufragen22! Die Land-
schaft hat in die zu Architekturen gehörenden Friese auch spät
20 Furtwängler-Reichhold, Griech. Vasenmalerei, Taf. 4.
21 Wölfflin, Die klassische Kunst, S. 14 und S. 46.
22 v. R,ohden-Winnefeld, Architektonische römischeReliefs derKaiser-
zeit, S. 31 Abb. 8; Taf. LXXXVI, 2; CXXVII, 1,2. Als Beispiel für die
etruskische Malereien Weege, Arch. Jahrb. XXXI, 1916, S. 120.
 
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