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R. Reitzenstein:
Der Gott Ormuzd will nach Vernichtung des Gegners die
Welt verlassen, da rufen ihn die in ihr Gefangenen (die Urseele,
d. h. die Seelen) und er erlöst sie.
Die nächste Verwandtschaft hiermit hat ein kurzer Text der
Kantäer, einer zwischen Manichäern1 und Mandäern stehenden
Sekte; Theodor bar Khöni hat ihn um die Wende des sechsten
Jahrhunderts aus einem ihrer heiligen Bücher exzerpiert2: Ils
attribuent les paroles suivantes au personnage quUls appellefit le
Fils de la Lumiere3: « Je mJavance ei me dirige vers les ämes; lorsque
eiles me vir ent eiles se reunirent vers moi et me saluerent de mille
saluts, dies gemirent et me dirent: Fils de la Lumiere, va Lire ä notre
pere: quand les captifs seront-ils delivres et quand le repos sera-t-ü
accorde aux elres tortures qui souffreut, quand le repos sera-t-il
accorde aux ämes qui sup p Orient la persecution dans le-
rn onde. Je parlais et leur dis: Lorsque VEuphrate sera desseche
ä partir de son embouchure et que le Tigre coulera hors de son lü.
lorsque toutes les rivieres seront ä sec et que lous les torrents debor-
deront, alors le repos sera accorde aux ämes. » Wir besitzen in Wahr-
heit noch den Text des ganzen Stückes mit geringfügigen Änderun-
gen, da er von dem Sammler des dritten Buches des linken Genzä
aufgenommen ist (ITT 11 S. 87 Pet.): „ln Güte werde gedacht des
großen (Lebens) .... das mich erlöste und aus der Mell holte,
aus der Welt des Mangels und aus den nichtigen Werken4. Es schuf
mich und bekleidete mich mit Glanz, wie die erwählten Männer
sich damit kleiden. Damit kleiden sich die erprobten, wahrhaftigen
und gläubigen Männer. Ich steckte meinen Kopf hinein5, ich
wurde der Weltenfülle gleich; ich öffnete meine Augen darin,
meine Augen wurden des Lichtes voll. Ich schwang meine Flügel
1 Mit diesen haben sie die Vorstellung von zehn Himmeln, von einem
Raub der Urseele. die der xuotoq hsoi; ist, durch die Mächte der Finsternis
und die gesamte Welteinteilung gemein. Mit den Mandäern haben sie die
Verehrung Hibils (Abels) gemein.
2 Ich zitiere nach Pognon lriscriptions mandaites des cöüps de Khouabi-r
p. 223. Pocnons Behandlung der Stelle p. 248 ist nur mit Vorsicht zu be-
nutzen.
3 Die Bezeichnung „der Sohn des Lichtes“ entspricht der manichäischen
„die Tochter des Lichtes“ (Lichtjungfrau). Die Gottheiten entsprechen sich.
4 Daß ein Gottwesen spricht, ist nicht ausdrücklich gesagt, ginge aber
auch ohne den Ivantäer-Text aus dem Zusammenhänge hervor.
5 In das Gewand, das zum Gottwesen macht.
R. Reitzenstein:
Der Gott Ormuzd will nach Vernichtung des Gegners die
Welt verlassen, da rufen ihn die in ihr Gefangenen (die Urseele,
d. h. die Seelen) und er erlöst sie.
Die nächste Verwandtschaft hiermit hat ein kurzer Text der
Kantäer, einer zwischen Manichäern1 und Mandäern stehenden
Sekte; Theodor bar Khöni hat ihn um die Wende des sechsten
Jahrhunderts aus einem ihrer heiligen Bücher exzerpiert2: Ils
attribuent les paroles suivantes au personnage quUls appellefit le
Fils de la Lumiere3: « Je mJavance ei me dirige vers les ämes; lorsque
eiles me vir ent eiles se reunirent vers moi et me saluerent de mille
saluts, dies gemirent et me dirent: Fils de la Lumiere, va Lire ä notre
pere: quand les captifs seront-ils delivres et quand le repos sera-t-ü
accorde aux elres tortures qui souffreut, quand le repos sera-t-il
accorde aux ämes qui sup p Orient la persecution dans le-
rn onde. Je parlais et leur dis: Lorsque VEuphrate sera desseche
ä partir de son embouchure et que le Tigre coulera hors de son lü.
lorsque toutes les rivieres seront ä sec et que lous les torrents debor-
deront, alors le repos sera accorde aux ämes. » Wir besitzen in Wahr-
heit noch den Text des ganzen Stückes mit geringfügigen Änderun-
gen, da er von dem Sammler des dritten Buches des linken Genzä
aufgenommen ist (ITT 11 S. 87 Pet.): „ln Güte werde gedacht des
großen (Lebens) .... das mich erlöste und aus der Mell holte,
aus der Welt des Mangels und aus den nichtigen Werken4. Es schuf
mich und bekleidete mich mit Glanz, wie die erwählten Männer
sich damit kleiden. Damit kleiden sich die erprobten, wahrhaftigen
und gläubigen Männer. Ich steckte meinen Kopf hinein5, ich
wurde der Weltenfülle gleich; ich öffnete meine Augen darin,
meine Augen wurden des Lichtes voll. Ich schwang meine Flügel
1 Mit diesen haben sie die Vorstellung von zehn Himmeln, von einem
Raub der Urseele. die der xuotoq hsoi; ist, durch die Mächte der Finsternis
und die gesamte Welteinteilung gemein. Mit den Mandäern haben sie die
Verehrung Hibils (Abels) gemein.
2 Ich zitiere nach Pognon lriscriptions mandaites des cöüps de Khouabi-r
p. 223. Pocnons Behandlung der Stelle p. 248 ist nur mit Vorsicht zu be-
nutzen.
3 Die Bezeichnung „der Sohn des Lichtes“ entspricht der manichäischen
„die Tochter des Lichtes“ (Lichtjungfrau). Die Gottheiten entsprechen sich.
4 Daß ein Gottwesen spricht, ist nicht ausdrücklich gesagt, ginge aber
auch ohne den Ivantäer-Text aus dem Zusammenhänge hervor.
5 In das Gewand, das zum Gottwesen macht.