Stiftung und Kultsatzungen eines Privatheiligtums in Philadelpheia. 13
weg streiten (Xenophon Mein. II 1, 26ff. = Diels Vorsokr.3 II,
S. 272: οι μεν έμοί φίλοι, έφη, καλοΰσί με Εύδαιμονίαν, οί δέ μισοΰντές
με ύποκνιζόμενοι όνομάζουσι Κακίαν), hier einander allerdings feind-
lich gegenüberstehend, es ist ja auch nur eine maskierte
Eudaimonia. Aber die philosophische Entwicklung der Folgezeit
hat oft genug gezeigt, daß sich άρετή und εύδαιμονία nicht
ausschließen, sondern im Gegenteil wahre εύδαιμονία ohne
αρετή unmöglich ist, und damit stimmt es, daß Dionysios, der
augenscheinlich von irgendwelchen moralphilbsophischen Strö-
mungen berührt ist, im Kult diese beiden Mächte verbindet (vgl.
auch §§ 25, 58, 63).
Ihre Verbindung läßt sich sehr schön veranschaulichen durch § 16.
die Fiktion im Pinax des Kebes: Εύδαιμονία thront auf hohem
Bergesgipfel am Wohnort der Glückseligen, als Mutter aller Άρεταί
und belohnt den Menschen, der sich durchgerungen hat, mit dem
Siegerkranz (ed. Praechter cap. 17 u. 18); eine Allegorie, die trotz
der Bild-Fiktion nicht auf Monumenten beruht, aber ihrerseits
wieder zu bildlicher Darstellung die Anregung gegeben hat (vgl.
Arch. Ztg., 1884, S. 117ff.; Friedländer, Johannes v. Gaza 77;
79; 305), ebenso wie ja auch die Prodikos-Allegorie eine Illustration
und zugleich Projektion ins Religiöse erfahren hat, und zwar gerade
in Philadelpheia selbst (vgl. unten § 25). Unsere Inschrift, ebenso
wie die Altäre im Demeterheiligtum zu Pergamon (unten §67)
lehren, daß die Grenze zwischen spielender Allegorie, populär-
philosophischen Personifikationen und ernst gemeinter kultischer
Verehrung abstrakter Begriffe fließend sind. Sowie sie zu religiösen
Nomina werden, verlieren diese Personifikationen eben den abstrak-
ten Charakter, erhalten den von nomina agentis und werden
Spenderinnen der durch sie bezeichneten Güter, die das Leben
sittlich wertvoll und das Dasein (in eudämonistischem Sinn)
beglückend machen.
Auch Vasenbilder mit Gruppen von Personifikationen werden § 17.
wir nicht immer nur als „Allegorien“ bezeichnen dürfen. Wenn
z. B. eine rf. Prachtamphora aus Ruvo in der Sammlung Jatta
(publ. vonÜE ydemann, 5. HallischesWinckelmannsprogramm 1880,
wiederholt in Roschers Lex. III S. 2118) in einem dionysischen
Thiasos neben Dionysos, Eros. Pothos, Himeros, Sikinnos,
Hebe, Gpora, Eudia auch Eudaimonia zeigt, so dürfen wir
vielleicht darauf Gewicht legen, daß unser Mystenverein in Phila-
weg streiten (Xenophon Mein. II 1, 26ff. = Diels Vorsokr.3 II,
S. 272: οι μεν έμοί φίλοι, έφη, καλοΰσί με Εύδαιμονίαν, οί δέ μισοΰντές
με ύποκνιζόμενοι όνομάζουσι Κακίαν), hier einander allerdings feind-
lich gegenüberstehend, es ist ja auch nur eine maskierte
Eudaimonia. Aber die philosophische Entwicklung der Folgezeit
hat oft genug gezeigt, daß sich άρετή und εύδαιμονία nicht
ausschließen, sondern im Gegenteil wahre εύδαιμονία ohne
αρετή unmöglich ist, und damit stimmt es, daß Dionysios, der
augenscheinlich von irgendwelchen moralphilbsophischen Strö-
mungen berührt ist, im Kult diese beiden Mächte verbindet (vgl.
auch §§ 25, 58, 63).
Ihre Verbindung läßt sich sehr schön veranschaulichen durch § 16.
die Fiktion im Pinax des Kebes: Εύδαιμονία thront auf hohem
Bergesgipfel am Wohnort der Glückseligen, als Mutter aller Άρεταί
und belohnt den Menschen, der sich durchgerungen hat, mit dem
Siegerkranz (ed. Praechter cap. 17 u. 18); eine Allegorie, die trotz
der Bild-Fiktion nicht auf Monumenten beruht, aber ihrerseits
wieder zu bildlicher Darstellung die Anregung gegeben hat (vgl.
Arch. Ztg., 1884, S. 117ff.; Friedländer, Johannes v. Gaza 77;
79; 305), ebenso wie ja auch die Prodikos-Allegorie eine Illustration
und zugleich Projektion ins Religiöse erfahren hat, und zwar gerade
in Philadelpheia selbst (vgl. unten § 25). Unsere Inschrift, ebenso
wie die Altäre im Demeterheiligtum zu Pergamon (unten §67)
lehren, daß die Grenze zwischen spielender Allegorie, populär-
philosophischen Personifikationen und ernst gemeinter kultischer
Verehrung abstrakter Begriffe fließend sind. Sowie sie zu religiösen
Nomina werden, verlieren diese Personifikationen eben den abstrak-
ten Charakter, erhalten den von nomina agentis und werden
Spenderinnen der durch sie bezeichneten Güter, die das Leben
sittlich wertvoll und das Dasein (in eudämonistischem Sinn)
beglückend machen.
Auch Vasenbilder mit Gruppen von Personifikationen werden § 17.
wir nicht immer nur als „Allegorien“ bezeichnen dürfen. Wenn
z. B. eine rf. Prachtamphora aus Ruvo in der Sammlung Jatta
(publ. vonÜE ydemann, 5. HallischesWinckelmannsprogramm 1880,
wiederholt in Roschers Lex. III S. 2118) in einem dionysischen
Thiasos neben Dionysos, Eros. Pothos, Himeros, Sikinnos,
Hebe, Gpora, Eudia auch Eudaimonia zeigt, so dürfen wir
vielleicht darauf Gewicht legen, daß unser Mystenverein in Phila-