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Weinreich, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 16. Abhandlung): Stiftung und Kultsatzungen eines Privatheiligtums in Philadelpheia in Lydien — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37693#0014
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O. Weinreich :

Menschen die σωτηρία geben, sei es daß diese mehr als Erhaltung
des irdischen Lebens oder als die Verleihung eines höheren Lebens
im Jenseits (vgl. R. Reitzenstein, Mysterienreligionen 25) auf-
gefaßt wird.“ Betonen möchte ich namentlich die irdische Seite
der σωτηρία. Denn die Inschrift als solche läßt nirgends irgend-
welche eschatologische Vorstellungen anklingen; wenn die μυστή-
ρια (Z. 41, sichere Ergänzung) eine Garantie für glückliches jenseitiges
Leben auch gegeben haben mögen, so schweigt sich Dionysios
darüber doch völlig aus. Der alte Mysterientrostspruch έσται γάρ
ήμΐν έκ πόνων σωτηρία ließe sich auf diesen Mystenverein in
durchaus diesseitigem Sinn anwenden; denn der schützende Götter-
kreis gibt irdisches Glück, höchstens daß die Einreihung von
Μνή μη eine Andeutung des zukünftigen Lebens nahelegt — falls
meine Auffassung (unten § 56) das Richtige trifft, σωτηρία wäre
hier dann ähnlich doppelsinnig, wie im homerischen Demeter-
hymnos όλβιος, das V. 480 aufs Jenseits, V. 486ff. aufs Diesseits
geht (Hinweis von F. Boll).
§ 14. Z. 8f. Eudaimonia.
Der Name ist sicher ergänzt, 'Αρ]μονίας würde den Raum
nicht füllen. Mit diesem göttlichen Xumen beginnt jetzt eine
Gruppe von „Personifikationen“, die die Exponenten jener Güter
sind, die durch das gleiche Wort bezeichnet werden und deren
Besitz den Menschen erwünscht ist (vgl. unten §§ 20, 22). Gerade
in Kleinasien — und bezeichnenderweise auch in Athen, dessen
Einfluß auf Kleinasien in geistig-religiösen Dingen den politischen
überdauert hat — finden sich solche Personifikationen überaus
häufig, ihr Auftreten in Philadelpheia ist daher nicht verwunder-
lich und um so begreiflicher, als offenbar Pergamon vorbildlich
wirkte (vgl. §6 Ende). Zu allen Einzelangaben ist Deubners
reichhaltiger Roscherartikel Personifikationen (III 2068ff.) zu ver-
gleichen, über Eudaimonia s. Waser, PW. VI, 892.
Ein Kult der Eudaimonia ist bisher nicht bekannt gewesen,
hier haben wir nun das erste Zeugnis. Aber im Hinblick auf ihre
Verbindung mit andern Göttern unseres Altarkreises muß auf einige
Fälle von Personifikationen des Begriffes εύδαιμονία in Philo-
sophie, Dichtung und Kunst verwiesen werden.
§ 15. Ευδαιμονία und Αρετή sind die beiden Mächte, die sich
in der berühmten Fabel des Prodikos um Herakles am Scheide-
 
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