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Ritter, Constantin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 19. Abhandlung): Platons Stellung zu den Aufgaben der Naturwissenschaft — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37696#0026
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ConstanTin Ritter:

werden, bis sie unter günstigen Umständen mit gleichartigen
Trümmern Zusammentreffen und nun wieder zu einem erdigen
Körper sich zusammenfügen.
Von den Urdreiecken und damit auch von den aus ihnen zu-
sammengesetzten Grundgebilden des Stoffes gibt es verschiedene
Größen, die zum Teil miteinander sich verbinden. Auch treten
Gebilde der einen und andern Form zu Einheiten zusammen.
So entsteht eine bunte Mannigfaltigkeit von Unterarten des all-
gemeinen Charakters der vier Elemente und von allerhand Misch-
formen, die man wohl beachten muß, um in der Erörterung über
die Natur wenigstens das Wahrscheinliche womöglich zu finden.
Diese Schilderung der Elemente gibt mir noch zu einigen
Bemerkungen Anlaß. Daß gerade die vier: Erde, Wasser, Luft
und Feuer als die Grundarten körperlicher Gestaltung angesehen
werden, ist wohl verständlich. Platon selber weist auf die Beob-
achtung hin, daß ,,was wir soeben noch Wasser genannt haben,
scheinbar vor unseren Augen erstarrend zu Stein und Erde wird
und anderseits aus dem gleichen Bestand zergehend (τηκόμενον)
und sich zerteilend zu Hauch und Luft wird, daß Luft zu Feuer
verbrennt und umgekehrt wieder Feuer zusammenschießend und
erlöschend in die Form der Luft sich wandelt“ usw. Eben deshalb
hatten unter den alten ionischen Physikern Thaies und Anaximenes
eine dieser Gestalten, jener das Wasser dieser die Luft, als das
einzige in allen anderen Erscheinungen vorhandene stoffliche Ur-
element oder Grundprinzip betrachtet. Find nachdemEmpedokies
eben jene vier als gleich ursprüngliche „Wurzeln aller Dinge“
bezeichnet hatte, scheint seine Auffassung weithin Anerkennung
gefunden zu haben. Und so wird Platon hier von Empedokles
beeinflußt sein. Doch begründet er die V i e r z a h 1 auch noch durch
eine eigentümliche Erwägung. Als sicherste Merkmale des Körper-
lichen erkennt er, daß es sichtbar und greifbar sei. Die Sichtbar-
keit aber, meint er, sei durch feurige, die Handgreiflichkeit durch
erdige Bestandteile bedingt. Diese beiden Elemente bedürfen, um
eine Verbindung unter sich einzugehen, eines Bandes, das zu dem
einen von ihnen im selben Verhältnis stehen muß wie das andere
zu ihm selbst, oder vielmehr, da es sich nicht nur um Flächen,
sondern um feste Körper handelt, bedürfen sie zweier solcher Bän-
der, die, als mittlere Glieder zwischen sie gestellt, ein harmonisches
Verhältnis, eine Proportion ergeben. Übrigens ist er mit den
älteren Physikern der Überzeugung, daß das eigentliche Wesen
 
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