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Ritter, Constantin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 19. Abhandlung): Platons Stellung zu den Aufgaben der Naturwissenschaft — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37696#0046
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46

Constantin Ritter:

Beobachtungen ihn zu durchgreifender Abänderung ursprüng-
lich von ihm selber aufgestellter oder wenigstens gebilligter Zahlen
bestimmten. Eben jener Kommentar des Proklos verrät uns, daß
dieser in alten Ausgaben die Breiteverhältnisse anders angegeben
fand; nach ihnen nämlich wäre die breiteste Zone nach der der
Fixsterne die der Sonne, darauf folgten sich der Reihe nach die
des Mondes, der Venus, des Mars, des Jupiter, des Saturn, des
Merkur: einfach entsprechend der scheinbaren Größe oder Licht-
stärke der Gestirne selber.
Bemerkenswert ist noch die begeisterte, fast mit der Wärme
religiöser Verehrung vorgetragene Schilderung der Sonne in der
Politeia, wodurch sie1, die Königin im Reiche des Sichtbaren, die
Lebenspenderin und Vermittlerin aller durchs Auge kommenden
Erkenntnis, der im Reiche des Unsichtbaren herrschenden Idee
des Guten verglichen wird; und auch davon wollen wir ausdrück-
lich Kentnnis nehmen, daß die Politeia weiß, der Mond leuchte
nur in einem von der Sonne erborgten Licht2.
Einiges Neue gibt uns der Timaios dazu. Zwar was er in
phantastisch mythologischer Einkleidung von der Zerteilung der
die Welt belebenden Seelensubstanz und der Zimmerung eines
immateriellen Gerüstes von Ringen und Kugelschalen erzählt,
die den Himmelskörpern Halt und Richtung geben, will in
einfache astronomische Angaben umgesetzt, nichts anderes besagen,
als was uns schon Phaidros und Politeia gelehrt haben. Bestätigt
wird dann auch, daß die Erde den Mittelpunkt der Welt ein-
nehme — sie sei, heißt es, um die Mitte der Weltachse geballt3,
und man kann kaum zweifeln, daß sie dabei als unbewegt ruhend
gedacht ist —; ferner daß die sie umkreisenden Planeten in ihrer
dem Umschwung der äußeren Himmelssphäre entgegenstrebenden
Eigenbewegung im allgemeinen umso größere Geschwindigkeit
zeigen, je näher sie der Erde sich befinden4, übrigens mit der
uns schon bekannten auf Venus, Merkur und Sonne bezüglichen
Einschränkung. Zu der Erinnerung aber, daß die Sphären dieser
drei Gestirne sich mit gleicher Geschwindigkeit drehen, wird noch
1 Pol. 508a, 509b.
2 Was übrigens,, von unsicherer Kunde über Thaies abgesehen, schon
Pythagoras und Parmenides gelehrt haben sollen.
3 είλλομένην περί τόν διά παντός πόλον τεταμένον 40b.
4 Tim. 39 a τό μέν μείζονα αύτών, τό δ’έλάττω κύκλον ιόν, Όάττον μέν τά τόν
έλάττω, τά δε τόν μείζω βραδύτερον περιήειν.
 
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