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Ritter, Constantin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 19. Abhandlung): Platons Stellung zu den Aufgaben der Naturwissenschaft — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37696#0049
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Platons Stellung zu den Aufgaben der Naturwissenschaft.

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wegung der Wandelsterne ganz gründlich geändert.
Was der athenische Greis, den er zum Leiter der in jener
Schrift geführten Gespräche gemacht hat, von sich erzählt,
wird ja wohl allgemein auf Platon selber bezogen. Diesen
nun läßt er die Forderung aussprechen, die jungen Leute
müßten sorgfältig in der Himmelskunde unterrichtet werden schon
zu dem Zweck, damit sie die göttlichen Wesen, die deren Gegen-
stand bilden, nicht durch grundverkehrte Aussagen beleidigen.
Der Verwunderung aber, die dieses Wort erregt, läßt er ihn mit
folgenden Worten begegnen: „Wir Hellenen fast ausnahmslos ver-
leumden große Götter, die Sonne und den Mond . . . Wir behaupten,
daß sie und mit ihnen gewisse andere Gestirne niemals denselben
Weg wandeln und bezeichnen sie deshalb als Irrsterne.“ Der
kretische Mitunterredner gesteht zu, wenn das als irrtümlich zu
erweisen sei, dann müsse es allerdings schon aus religiösen Gründen
berichtigt werden, und bittet um weitere Aufklärung. Und der
Athener fährt fort: „Wovon ich da rede, das ist freilich nicht leicht
zu lernen und doch auch wieder nicht ganz schwer und es erfordert
nicht einmal gar lange Zeit. Zum Beweis kann dienen: ich selber
war nicht mehr jung, wie ich die Sache gehört habe und es liegt
keine lange Zeit dazwischen; und so vermöchte ich auch jetzt sie
in verhältnismäßig kurzer Zeit klar zu machen. Und doch wäre
ich bei meinem und eurem hohen Alter gewiß außer Stands,
Schwieriges zu erklären . . . Ich will den Versuch machen: also,
ihr trefflichen Männer, diese Lehre ist nicht richtig vom Mond und
der Sonne und jenen anderen Gestirnen, daß sie jemals in der
Irre gehen, sondern genau das Gegenteil davon ist wahr: jedes von
ihnen durchläuft im Kreise stets dieselbe Bahn, nicht viele, sondern
eine einzige, und es scheint nur so, als ob es in vielen Wegen sich
bewegte. Und ferner das schnellste unter ihnen wird irrtümlicher
Weise für das langsamste gehalten, und umgekehrt.“ Leider
haben wir hier, der Anlage der ganzen Schrift entsprechend, nur
wieder Andeutungen über astronomische Dinge von ähnlicher
Knappheit wie in der Politeia und so bleibt manches dem Streit
der Ausleger ausgesetzt. Böckh, der unter den Philologen die
gründlichste Untersuchung über das kosmologische System Platons
angestellt hat, findet in den Nomoi nichts wesentlich anderes als
im Timaios, nämlich in beiden die Vorstellung von der im Mittel-
punkt der Welt ruhenden Erde, die von den acht Sphären der
Wandelsterne und des Fixsternhimmels umkreist wird. Zeller

Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., philos.-hist. Kl. 1919. 19. Abh

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