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Ritter, Constantin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 19. Abhandlung): Platons Stellung zu den Aufgaben der Naturwissenschaft — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37696#0067
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Platons Stellung zu den Aufgaben der Naturwissenschaft.

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fluß auf ihn gewinnen könne. Durch die Höhlung des Leibes
spannt sich als Zwischenwand das Zwerchfell. Von den oberen
Eingeweiden hat das Herz, in dem die Adergänge zusammen-
laufen, die größte Bedeutung als die Quellstatt, aus der das Blut
durch den ganzen Körper strömt, und zugleich als Sitz des Muts
und der Affekterregung. Zur Abkühlung des durch die Wallungen
des Herzens erhitzten Blutes und zur Abmilderung seiner Stöße
dient die weiche, poröse, mit eingeatmeter Luft und aufgenommenen
Getränken sich füllende Lunge. Unterhalb des Zwerchfells ist die
Leber das wichtigste Organ. Ihre Oberfläche, die im allgemeinen
dadurch glänzend und glatt erhalten wird, daß die auf der anderen
Körperseite ihr gegenüberliegende Milz Unreinigkeiten und Aus-
scheidungen der Leber an sich zieht, kann auch Schrumpfungen
erleiden und durch Gallensäfte getrübt werden, wodurch nicht nur
Gefühle des Unbehagens, sondern auch Stimmungen und Träume
erzeugt werden, in denen sich oft unter Betätigung der klaren Be-
wußtseins entbehrenden niederen Seelenkräfte bedeutsame Ahnun-
gen kundgeben. Der Bau der vielgewundenen Eingeweide erklärt
sich aus dem Zweck, uns rasche Wiederkehr des Leerheitsgefühls
zu ersparen, die uns über beständiger Sorge um unseren Leib das
Höhere vergessen und in Völlerei verkommen ließe. Den eigent-
lichen Lebenskeim sieht der Timaios im Mark, das er durch Zu-
sammenmischung der feinsten und regelmäßigsten Elementar-
körperchen1 entstanden denkt, von Anfang an in so viel beson-
deren Verhältnissen zusammengesetzt, als Formen von Organismen
entstehen sollten. Als schützende Umhüllung dieser zarten Sub-
stanz, die in das kugelförmige Gehirn als eigentliches psychi-
sches Zentralorgan und seinen walzenförmigen Anhang, das
Rückenmark sich gliedert, und von dem aus gewissermaßen
die Verbindungstaue der Seele mit dem übrigen Körper auslaufen,
dienen die Knochen. Sie sind vorzüglich aus Erde, dem starren
Element, gebildet, doch so gehärtet, daß sie den unauflöslich festen
Bestand des im übrigen beständiger Veränderung (des Stoff-
wechsels) ausgesetzten Körpers ausmachen. An die Hohlkugel
des Knochenschädels schließen die wirtelförmig gestal-
teten Gebilde der Wirbelsäule an; diese hat die Gottheit
einzeln unter sich durch Gelenkkapseln verbunden, die aus
1 Im Text sind die Elementardreiecke genannt, aus denen sich die
Elemente erst zusammensetzen; aber von diesen gibt es ja nur zwei
Arten. (Vgl. oben S. 24, 26 u. 28).
 
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