Metadaten

Ritter, Constantin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 19. Abhandlung): Platons Stellung zu den Aufgaben der Naturwissenschaft — Heidelberg, 1919

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37696#0070
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
70

Constantin Ritter:

vornehmlich auch pflanzlicher, deren Bestandteile den seinigen
ähnlich sind. In seiner Farbe zeigt das Blut noch die Spuren
des Feuers. Seine Verwendung zum Aufbau des wachsenden Kör-
pers und zum Ersatz des stetigen Abgangs beruht auf dem allge-
mein herrschenden Zug des Verwandten zu Verwandtem. Wie er
in der Natur im ganzen herrscht, so auch innerhalb des einzelnen
Organismus, der für sich eine Welt im kleinen darstellt1 und,
solange er jung und frisch ist, seine Lebenskraft darin betätigt,
daß er die ihm eigentümlichen Bewegungen den von ihm aufge-
nommenen fremden Stoffteilen leicht aufzwingt und sie so um-
formend sich assimiliert. Umgekehrt zeigt sich die Altersschwäche
darin, daß diese Assimilation nur noch kümmerlich vonstatten geht,
so daß der neuangebildete Stoff dem Abgang nicht mehr gleich-
kommt, den der Leib stetig dadurch erleidet, daß auch von ihm
Teile sich an fremde Körper assimilieren müssen, die durch Be-
rührung auf ihn einwirken. Endlich zerfällt sein Bau (je nach der
Festigkeit der Verbindung, in der bei dem Individuum die ein-
zelnen Bestandteile vereinigt sind, früher oder später), indem selbst
die Körperchen des Marks dem widrigen Einfluß, der von außen
kommt, nicht mehr standhalten und damit die Bande der Seele
sich lösen. Vor dieser in der normalen Lebenslinie liegenden Auf-
lösung kann der Tod durch Krankheiten herbeigeführt werden.
Solcher gibt es drei Arten. Die Krankheit besteht entweder in
einer Störung des richtigen Verhältnisses zwischen den vier Ele-
menten, die im menschlichen Leibe verbunden sind, infolge der
Aufnahme und Aussonderung einer unverhältnismäßigen Menge
des einen oder andern oder auch räumlichen Verschiebungen
zwischen ihnen; oder in einem Mißverhältnis der aus den Elemen-
ten entstandenen Bildungen zweiten Ranges (δευτέραι ξυστάσε(.ς),
Blut, Fleisch usw., das besonders bedenklich wird und die bös-
artigsten Erscheinungen hervorruft, wenn dabei der naturgemäße
Verlauf der Stoffassimilation eine Umkehrung erleidet : indem das
Blut, das sonst zur Nahrung von Fleisch und Sehnen und mittelbar
auch der Knochensubstanz und des Markes dient und sich aus
Speisen und Getränken erneuert, die bitteren oder scharfen Zer-
setzungsprodukte abgehender Fleischteile in sich aufnehmen muß,
die nun seine gesunde Mischung verderben und entweder gallige
Säfte erzeugen, oder (unter Schaumbildung) zu Schleim sich wan-

1 ώςπερ ύπ’ ούρανοΰ ξυνεστώτος έκαστου του ζώου 81 b.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften