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Constantin Ritter:
weist Experimente ab, und zwar an verschiedenen Stellen. Am
schärfsten in der Politeia, in demselben Zusammenhang, aus dem
wir soeben die Bemerkungen über die Unzulänglichkeit geome-
trischer Zeichnungen entnommen haben. Es werden dort die
einzelnen Lehrfächer besprochen, die Platon für die Jugend-
bildung verlangt, aber in anderer Weise betrieben wissen will, als
sie gewöhnlich betrieben werden: nämlich nicht mit Rücksicht
auf unmittelbaren praktischen Nutzen, sondern mit dem Zweck,
daß dadurch das Verständnis für wissenschaftliche Erkenntnis
erweckt, daß die Seele von der Wahrnehmung des Veränderlichen,
Sinnlichen weg zur Beachtung des Unveränderlichen, Übersinn-
lichen hingeleitet, daß das geistige Auge zu hellem und scharfem
Sehen befähigt werden solle, das in den gewöhnlichen Beschäfti-
gungen sich trübe und abstumpfe und dessen Tüchtigkeit mehr
wert sei als der Besitz von tausend leiblichen Augen. Nach Arith-
metik und Geometrie, die beide dazu das Ihrige beitragen sollen,
kommt die Astronomie an die Reihe. Gewöhnlich, führt Platon
aus, bleiben die Astronomen mit ihren Beobachtungen am Himmel
ganz in der Sinnlichkeit befangen. Ob man die Dinge am Boden
oder in der Höhe mit leiblichen Augen betrachte, das sei ganz
gleichgültig und beides stehe in ähnlicher Weise im Gegensatz
zu der Betrachtung des Ewigen und Unsichtbaren: im einen wie
im anderen Falle sei es törichte Einbildung, daß man damit wirk-
lich etwas lerne und Wissen sich erwerbe. Wie der Geometer seine
sorgfältigsten Zeichnungen vernünftigerweise nie ernsthaft für das
nehmen wird, dessen Verhältnisse und Beziehungen er unter-
suchen will, sondern nur für eine stets mangelhafte Veranschau-
lichung davon (z. B. des Gleichgroßen oder Doppelten), so darf
man auch die Bewegungen der sichtbaren Himmelskörper gegen-
einander und die Erscheinungen, die dadurch hervorgebracht wer-
den, Tag und Nacht und Monat und Jahr in ihrem Verlaufe, nur
als veranschaulichende Vorlage ansehen für die Erkenntnis der
erst durch berechnende Schlüsse zu ermittelnden wahren Zahlen-
verhältnisse und Bahnen, in denen die wirkliche Langsamkeit
oder Schnelligkeit fortschreitet oder einen idealen Körper fort-
schreiten läßt1. Wenn auch die Vorgänge am Himmel von dem
1 529c, d ταϋτα μέν τά έν τω ούρανω ποικίλματα, έπείπερ έν όρατω πεποίκιλται,
κάλλιστα μέν ήγεΐσθ-αι καί άκριβέστατα των τοιούτων έχειν, των δέ άληθινών πολύ
ένδεΐν, άς το δν τάχος καί ή οδσα βραδυτής έν τω άληθινω άρι-9-μω καί πασι τοΐς
άληθ-έσι σχήμασι φοράς τε προς άλληλα φέρεται καί τά ένόντα φέρει · ά δή λόγω
μέν καί διανοία άπτά, οψει δ’οΰ.
Constantin Ritter:
weist Experimente ab, und zwar an verschiedenen Stellen. Am
schärfsten in der Politeia, in demselben Zusammenhang, aus dem
wir soeben die Bemerkungen über die Unzulänglichkeit geome-
trischer Zeichnungen entnommen haben. Es werden dort die
einzelnen Lehrfächer besprochen, die Platon für die Jugend-
bildung verlangt, aber in anderer Weise betrieben wissen will, als
sie gewöhnlich betrieben werden: nämlich nicht mit Rücksicht
auf unmittelbaren praktischen Nutzen, sondern mit dem Zweck,
daß dadurch das Verständnis für wissenschaftliche Erkenntnis
erweckt, daß die Seele von der Wahrnehmung des Veränderlichen,
Sinnlichen weg zur Beachtung des Unveränderlichen, Übersinn-
lichen hingeleitet, daß das geistige Auge zu hellem und scharfem
Sehen befähigt werden solle, das in den gewöhnlichen Beschäfti-
gungen sich trübe und abstumpfe und dessen Tüchtigkeit mehr
wert sei als der Besitz von tausend leiblichen Augen. Nach Arith-
metik und Geometrie, die beide dazu das Ihrige beitragen sollen,
kommt die Astronomie an die Reihe. Gewöhnlich, führt Platon
aus, bleiben die Astronomen mit ihren Beobachtungen am Himmel
ganz in der Sinnlichkeit befangen. Ob man die Dinge am Boden
oder in der Höhe mit leiblichen Augen betrachte, das sei ganz
gleichgültig und beides stehe in ähnlicher Weise im Gegensatz
zu der Betrachtung des Ewigen und Unsichtbaren: im einen wie
im anderen Falle sei es törichte Einbildung, daß man damit wirk-
lich etwas lerne und Wissen sich erwerbe. Wie der Geometer seine
sorgfältigsten Zeichnungen vernünftigerweise nie ernsthaft für das
nehmen wird, dessen Verhältnisse und Beziehungen er unter-
suchen will, sondern nur für eine stets mangelhafte Veranschau-
lichung davon (z. B. des Gleichgroßen oder Doppelten), so darf
man auch die Bewegungen der sichtbaren Himmelskörper gegen-
einander und die Erscheinungen, die dadurch hervorgebracht wer-
den, Tag und Nacht und Monat und Jahr in ihrem Verlaufe, nur
als veranschaulichende Vorlage ansehen für die Erkenntnis der
erst durch berechnende Schlüsse zu ermittelnden wahren Zahlen-
verhältnisse und Bahnen, in denen die wirkliche Langsamkeit
oder Schnelligkeit fortschreitet oder einen idealen Körper fort-
schreiten läßt1. Wenn auch die Vorgänge am Himmel von dem
1 529c, d ταϋτα μέν τά έν τω ούρανω ποικίλματα, έπείπερ έν όρατω πεποίκιλται,
κάλλιστα μέν ήγεΐσθ-αι καί άκριβέστατα των τοιούτων έχειν, των δέ άληθινών πολύ
ένδεΐν, άς το δν τάχος καί ή οδσα βραδυτής έν τω άληθινω άρι-9-μω καί πασι τοΐς
άληθ-έσι σχήμασι φοράς τε προς άλληλα φέρεται καί τά ένόντα φέρει · ά δή λόγω
μέν καί διανοία άπτά, οψει δ’οΰ.