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Weise, Georg; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 21. Abhandlung): Studien zur Entwicklungsgeschichte des abendländischen Basilikengrundrisses in den frühesten Jahrhunderten des Mittelalters — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37698#0028
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28

G. Weise:

zuzuschreiben sein. In ihrem Durchmesser entsprach diese Apside
der ganzen Breite des älteren Langhauses, Mittelschiff und Abseiten
zusammengenommen. Ob Hand in Hand mit der Errichtung
dieses neuen Chorabschlusses etwa auch Veränderungen an den
westlichen Teilen des Baues vorgenommen wurden, ließ sich aus
dem bei den Grabungen zutage geförderten Befund nicht ent-
nehmen, da nirgends weitere Mauerreste gleichzeitiger Entstehung
sowie ähnlicher Mörtelzusammensetzung und Mauertechnik an-
getroffen wurden. Unter Umständen mag dies damit Zusammen-
hängen, daß, wie oben erwähnt, in dem westlichen Teil des ehemals
von der Abteikirche eingenommenen Geländes massive Mauerreste
überhaupt so gut wie nirgends zutage traten, da hier die moderne
Zerstörungsarbeit ihr Werk gründlicher getan hatte. Völlige Klar-
heit läßt sich über den zwischen der ältesten Anlage und dem
Neubau der frühgotischen Zeit liegenden Umbau, von dem die
große, oben als „romanisch“ bezeichnete Apside stammt, nicht
gewinnen, und damit wird auch die Frage nach etwaigen, mit der
Gründung der Vincentiusabtei durch Brunichildis in Verbindung
zu bringenden baulichen Veränderungen unentschieden bleiben
müssen. Die wesentlichsten Tatsachen der Bangeschichte scheinen
mir immerhin durch die Ergebnisse der Grabung gesichert. In
der Auffindung des von uns eingehend behandelten ältesten
Kirchengrundrisses dürfte der Hauptwert der letzteren zu er-
blicken sein.
II. Die Klosterkirche zu Bretigny a. d. Oise.
Wie lange sich der in Laon, Dompeter, Aachen usw. zutage
getretene Grundrißtypus im Abendland gehalten hat, wird vorder-
hand noch dahingestellt bleiben müssen. Genauer datierte An-
lagen sind hier u. a. S. Eulalia in Toledo und St. Pierre in Vienne1.
In Syrien, wo die größere Zahl der erhaltenen Denkmäler die Ent-
wicklung in breiterem Fluß vor unseren Augen sich vollziehen
läßt, wird im Laufe des 6. Jahrhunderts jenes ältere Schema von
einem anderen, gleichfalls querhauslosen Typus abgelöst, den eine
aus drei nebeneinander gelagerten rechteckigen Chorräumen be-
stehende Ostpartie charakterisiert2. Beispiele des gleichen Schemas,
1 Vgl. oben S. 20.
2 Vgl. meine sich auf Butler gründenden Ausführungen „Untersuch-
ungen“ S. 152.
 
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