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Weise, Georg; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 21. Abhandlung): Studien zur Entwicklungsgeschichte des abendländischen Basilikengrundrisses in den frühesten Jahrhunderten des Mittelalters — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37698#0054
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54

G. Weise:

daches. Die Größe der Pfeilerfundamente findet hier ihre Erklä-
rung in' der reichen Gliederung der auf allen Seiten mit paarweise
angeordneten Halbsäulen besetzten oberen Pfeilerpartien. Ähn-
liche Verhältnisse dürften in Bretigny anzunehmen sein, doch muß
eine eingehendere Erörterung auch dieser Fragen einer späteren
architekturgeschichtlichen Untersuchung, die die Anfänge mittel-
alterlicher Architektur rings um Laon im Zusammenhang zu be-
handeln haben wird, Vorbehalten bleiben.
Stillschweigende Voraussetzung war bei dem eben Dargelegten
schon die Annahme, daß wir in den unter der heutigen frühgotischen
Kirche von Bretigny nachgewiesenen Fundamenten die Reste eines
Baues fränkischer Zeit vor uns haben. Die Identifizierung dieser
älteren Anlage mit derjenigen, die 754, zur Zeit als Stephan II.
hier im Kloster seine Synode abhielt, bestanden haben muß, wird
kaum von der Hand zu weisen sein. Bei der ganzen Grabung sind
nirgends andere Reste als die Mauern der heutigen frühgotischen
Anlage und jene älteren Fundamente zutage getreten. Spuren
irgendwelcher weiterer Bauperioden fehlen. Schon hierdurch wird
die Deutung der älteren Anlage als derjenigen fränkischer Zeit
zwingend. Dazu kommen die schon mehrfach betonten Eigentüm-
lichkeiten der Mauertechnik und der Mörtelzusammensetzung,
wie sie sich für alle von mir in jenen Gegenden untersuchten fränki-
schen Bauten als charakteristisch erwiesen haben, späteren Perioden
aber fremd sind. Auf die gleichfalls für eine frühe Entstehung
sprechenden Besonderheiten der Grundrißgestaltung und des
oberen Aufbaues, soweit er sich aus jener erschließen läßt, wurde
schon angespielt.
Wenn demnach die Gleichsetzung der von uns nachgewiesenen
älteren Anlage mit der 754 bestehenden als gesichert gelten kann,
so fehlt es freilich für die genauere zeitliche Fixierung ihrer Ent-
stehung vorläufig noch an jedem Anhalt. Wann das Kloster in
Bretigny gegründet oder seine erste Kirche errichtet wurde, ent-
zieht sich unserer Kenntnis. Die eingangs erwähnte legendarische
Überlieferung setzt zwar das Wirken des hl. Hubertus um das
Jahr 700 an, doch läßt sie schon vordem ein Kloster hier am Ort
bestehen. Auch an Hand des Grundrisses, der unter Umständen
als Datierungsmoment dienen könnte, wird sich vorläufig keine
sichere Entscheidung fällen lassen. Wie ich früher wahrscheinlich
zu machen versuchte1, tritt im Abendland das Grundriß Schema

1 Vgl. ^Untersuchungen“, S. 154f.
 
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