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Weise, Georg; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 21. Abhandlung): Studien zur Entwicklungsgeschichte des abendländischen Basilikengrundrisses in den frühesten Jahrhunderten des Mittelalters — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37698#0060
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G. Weise:

übrigen Teile das tatsächliche Bild eines karolingischen Kloster-
anwesens mittlerer Größe. Die Frage der Grundrißentwicklung
des abendländischen Basilikenschemas wird in den beiden folgenden
Untersuchungen weiterer Erörterung zu unterziehen sein.
III. Zu den in den Jahren 1910 -1911 am Bischofspalast
zu Nantes vorgenommenen Grabungen.
Zum Beweis der oben aufgestellten These, daß auch auf
französischem Boden sich Beispiele des jüngeren fränkischen
Basilikengrundrisses, wie ich das Schema mit aus drei rechteckigen
Chorräumen bestehender Ostpartie nennen möchte, finden lassen
müßten, da diese Form allem Anschein nach dem ganzen Abend-
lande gemeinsam ist, sei hier noch auf einen B au aufmerksam gemacht,
der bisher noch nicht in solchem Zusammenhang Beachtung ge-
funden hat. Ausgrabungen, die in den Jahren 1910 und 1911
auf der Nordseite der Kathedrale von Nantes im Hofe des bischöf-
lichen Palais vorgenommen wurden, förderten u. a. die Grund-
mauern der bereits im 15. Jahrhundert bei Vergrößerung der
Kathedrale beseitigten ehemaligen Pfarr- und Taufkirche S. Jo-
hannis Baptistae zutage. Der dem sorgfältigen Ausgrabungsbericht
im Bulletin archeologique1 beigegebene Grundriß sei hier noch
einmal reproduziert.
Der schon durch die Auffindung der beiden später noch zu be-
sprechenden Taufbecken bestimmte Bau gibt sich im Grundriß
als querhauslose rechteckige Anlage zu erkennen, deren ursprüng-
liche westliche Abschlußmauer nicht mehr gefunden wurde. Nach-
träglichen Ursprungs und vermutlich erst bei einer durch die Ver-
größerung der Kathedrale bedingten Reduktion der Kirche ent-
standen2 sind die Mauern, die nahe des westlichen Endes drei recht-
eckige Gelasse absonderten. Die eine von ihnen führt über die
Beste der älteren Taufpiscine hinweg; alle ohne Ausnahme saßen
nach Angabe des Ausgrabungsberichtes3 mit ihrer Sohle nur auf
dem Zementfußboden der Kirche auf. Dahingestellt sein möchte
ich es lassen, ob bei der ungewöhnlichen Länge des Baues nicht
doch mit dem ehemaligen Vorhandensein einer westlichen Ab-
1 Durville, Les fouilles de l’6veche de Nantes en 1910—1911, Bull,
archeol. 1912, S. 222 ff.
2 Vgl. Durville, a. a. O., S. 247.
3 Vgl. a. a. O., S. 224 Anm.
 
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