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Weise, Georg; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 21. Abhandlung): Studien zur Entwicklungsgeschichte des abendländischen Basilikengrundrisses in den frühesten Jahrhunderten des Mittelalters — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37698#0058
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58

G. Weise:

Mit Recht scheint man mir, trotz gelegentlicher Anfechtungen1,
den Plantypus der mittelalterlichen Klausuranlage mit demjenigen
des antiken Hauses in Verbindung gebracht zu haben2. Freilich
nicht in den Wohngebäuden ländlicher Villen, wie wir sie aus dem
westlichen Deutschland kennen, wird das Vorbild gesucht werden
dürfen3: eher ist an die Ableitung von dem städtischen Haus der
Antike zu denken, das in Italien wie im Orient als zentrale Partie
einen viereckigen Binnenhof zeigt, um den sich die verschiedenen
Wohngelasse lagern. Auch die fränkische Zeit kannte noch derartige
Hausanlagen, wie der Grundriß einzelner Baulichkeiten auf dem
St. Galler Klosterplan beweist4. Weitere Beispiele wird mein
Bericht über die Ausgrabung der Pfalz in Quierzy bringen5. In
dem antiken Stadthaus mit seinem von Wohnräumen umgebenen
Atrium oderPeristyl wird man das Urbild aller derartigen Anlagen
zu erblicken haben; aus ihm hat sich auch der Kreuzgang der
mittelalterlichen Klausur mit seinen Umbauten entwickelt. Bre-
tigny bezeichnet in diesem Prozeß ein interessantes Stadium. Die
einzelnen Klosterräume bilden hier noch ein einziges Gebäude, der
innere Hofraum erscheint ganz im Rahmen einer geschlossenen
Hausanlage. Allem Vermuten nach ist dieser Typus als der frühere
anzusehen, da er dem Ausgangspunkt der Entwicklung näher zn
stehen scheint. Eingehender wird von diesen Fragen künftig bei
1 So von Schlosser, S. 15ff. Schlosser führt im wesentlichen nur
die Unähnlichkeit der bisher zutage geförderten römischen Villae rusticae
und urbanae mit mittelalterlichen Klosteranlagen für seine ablehnende
Haltung ins Feld. Das antike Stadthaus findet keine Erwähnung.
2 Vgl. Gaumont, Abecödaire (3. Aufl., 1869), S. 7ff. und Grenier,
Habitations gauloises et villas latines dans la eite des Mediomatrices
(1906), S. 185ff. Ein interessantes Beispiel für die Benutzung einer spät-
römischen Villa durch eine Klosteranlage fränkischer Zeit bieten die
Quellennachrichten über die Gründung von St. Maur-de-Glanfeuil und der
Bericht über die dort vorgenommenen Ausgrabungen (vgl. l’Ami des Monu-
ments XIII, S. 122ff.).
3 Vgl. Schlosser, a. a. O., S. 15ff.
4 Vgl. Schlosser, a. a. O., S. 26. Schlosser selbst weist hier auf das
Vorbild des altitalischen Atriums.
5 Den Grundrißdispositionen des Wohngebäudes der gleichfalls rund
um 700 entstandenen Pfalz zu Quierzy gleicht die Anordnung der die Klausur
bildenden Räumlichkeiten unseres Klosters aufs engste. Nicht nur die zeit-
liche Ansetzung der in Bretigny zutage geförderten Reste erhält durch den
Vergleich mit Quierzy eine neue Bestätigung; er läßt zugleich die parallele
Entwicklung, die das Schema der Pfalz und der Klosteranlage in jenen frühen
Jahrhunderten genommen hat, mit aller Deutlichkeit erkennen.-
 
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