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Weise, Georg; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 21. Abhandlung): Studien zur Entwicklungsgeschichte des abendländischen Basilikengrundrisses in den frühesten Jahrhunderten des Mittelalters — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37698#0070
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G. Weise: Studien zur Entwicklungsgeschichte.

apside sind wenigstens alle um einige Jahrzehnte jünger als der
von Pippin begonnene Neubau von St. Denis. Für die französi-
schen Anlagen wie St. Ricquier gilt das gleiche1. St. Denis scheint
die unbedingte Priorität in der Einführung des römischen Grund-
rißschemas beanspruchen zu dürfen. Besteht diese Tatsache zu
Recht, so liegt es nahe, sie mit den oben berührten äußeren Um-
ständen in Verbindung zu bringen, die den von Pippin begonnenen
Bau in besonderer Weise als Symbol der zwischen fränkischem
König und römischem Stuhl vollzogenen Annäherung erscheinen
lassen.
Sei es während des Winteraufenthaltes des Papstes im Diony-
siuskloster, sei es erst bei der am 28. Juli 754 vorgenommenen
Feierlichkeit, dürfte die Grundsteinlegung der Kirche erfolgt sein.
Das Auftreten des.römischen Basilikengrundrisses an diesem Bau
würde sich so am zwanglosesten einordnen. Andernfalls bliebe
nur die Möglichkeit, den Baubeginn in die ersten Regierungsjahre
Pippins, unmittelbar vor 754, zu setzen. In stärkerem Maße er-
schiene dann Abt Fulrad von St. Denis als der geistige Urheber
der Übernahme des römischen Grundriß Schemas, er, der ja in
dieser ganzen Zeit als der eigentliche Träger der italienischen
Politik des Frankenkönigs zu gelten hat2. Auch so fände die Tat-
sache, daß gerade in St. Denis das neue Schema zum ersten Male
nachzuweisen scheint, ihre ausreichende Erklärung.
1 Der karolingische Bau von St. Ricquier, der bereits einen Chor mit
Chorquadrum zeigte (vgl‘. den Grundriß bei Effmann, Gentula, S. 56), war
ein Werk Angilberts, ausgeführt in den Jahren 790—799. Zweifellos erst
nach 800 anzusetzen sind die karolingischen Teile von Bauten wie St. Generoux
und St. Martin in Angers (vgl. de Lasteyrie, a. a. O., S. 148ff., und die
Grundrisse bei Dehio und v. Bezold, Taf. 79).
2 Fulrad war schon 751 einer der Gesandten gewesen, die Pippin nach
Rom gesandt hatte, um das Urteil des Papstes wegen Entthronung des
letzten Merowingers einzuholen. Über Fulrads politische Wirksamkeit vgl.
Ölsner, a. a. 0., passim, und Hauck, Kirchengeschichte Deutschlands II, S. 12.
 
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