Metadaten

Koch, Hugo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 22. Abhandlung): Kallist und Tertullian: ein Beitrag zur Geschichte der altchristlichen Bußstreitigkeiten und des römischen Primats — Heidelberg, 1920

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37699#0036
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
32

Hugo Koch:

Vergebung bei Ehebruch und Unkeuschheit noch keinen Streit-
punkt zwischen der Kirche und dem Montanismus bildete, kann
wieder nur darin liegen, daß die Kirche damals von diesen
Sünden noch nicht lossprach, nicht etwa darin, daß die
Montanisten mit einer Lossprechung noch einverstanden gewesen
wären. Sagt doch Tertullian schon De monog. 15, daß sie die
zweite Ehe dem Ehebruch gleichsetzeip was nach dem ganzen
Zusammenhang nur bedeuten kann, daß sie beides mit Ausschluß
und Friedensverweigerung bestrafen.
Im Fortgang von De monog. c. 15 ist auch von der Losspre-
chungsverweigerung bei Glaubensverleugnung die Rede: Plane qui
exprobrant nobis duritiam vel haeresim in hac causa aestimant,
si in tantum fovent carnis infirmitatem, ut in nubendo frequenter
sustinendam putent, cur illam in aha causa neque sustinent neque
venia fovent, cum tormentis expugnata est in negationem ? . . .
Sed illam quidem a communicatione depellunt etc. Also
auch De monog. 15, wie schon De cor. mil. 11 und schon im Apolo-
geticum, nicht erst in De pud., macht Tertullian die Aussage,
daß die Kirche bei Glaubensverleugnung die Wiederaufnahme
verweigere. Er hat dabei auch nicht allein „freiwilligen Abfall"
und die Feststellung einer „tatsächlichen Lage“ durch die Kirche
im Auge, wie Vanbeck (RHLR. 1912, 366ff.) meint, sondern spricht
ausdrücklich von solchen, die durch Folterqualen zur Verleugnung
und zum Opfer gezwungen werden, und von Bestrafung durch
die kirchliche Gewalt, von Ausschluß und Verweigerung der Wieder-

im Katholik 1908, I, 434 annehmen. Auch H. Achelis (Das Christentum in
den ersten drei Jahrhunderten II, 50 A. 1) setzt De pud. unrichtig vor De
jejun. Die Streitfrage ist wohl nicht unlösbar, wie Kellner schließlich
verzichtend meinte (BKV., Tertullian II, 363). Daß der Schrift De pud.
andere Schriften („tituli“) gegen die „Psychiker“ vorangingen, ist aus De
pud. 1,10 zu erschließen („erit igitur et hic adversus psychicos titulus etc.“),
(vgl. dazu Esser, BKV., Tertullian II, 379 A. 2 und Theol. Revue 1916, 65).
Auch De fuga ist —· wohl als erste Streitschrift — nach dem Bruche mit
der Kirche geschrieben, während die Trennung zwischen Montanisten und
Katholiken in De virg. vel. noch nicht erfolgt, in De cor. mil. zweifelhaft ist
(vgl. Bardenhewer a. a. O., S. 420 und Kellner-Esser, Tertullian II,
26 A. 2, 32 A. 1). Zu der Reihenfolge De monog., De jejun., De pud. stimmt
auch der Umstand gut, daß die sittliche Deutung des Blutverbotes in De
jejun. (c. 4) nur mitklingt, in De pud. (12,5) aber ausgeführt wird, s. oben
Seite 13.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften