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Jacobs, Emil [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 24. Abhandlung): Untersuchungen zur Geschichte der Bibliothek im Serai zu Konstantinopel, 1 — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37730#0011
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Einleitung.

3

Nähe also hat Isidor das Treiben der Eroberer mitangesehen. Nach
seiner Schätzung, die er sofort nach seiner Ankunft in Kreta
Lauro Quirini mitteilte, sind in jenen Tagen ultra centum et viginti
millia librorum devastata1. An der Wahrheitsliebe des Kardinals
in diesem Falle zu zweifeln, liegt kein Grund vor, trotzdem wird
man die genannte Zahl mit Vorsicht aufnehmen, ja als eine Über-
treibung bezeichnen müssen, freilich eine sehr begreifliche: tiefe
Erregung unter Leben bedrohenden Umständen hat die Beob-
achtung, natürliche Erschöpfung nach der Landung im sicheren
Hafen die Erinnerung des humanistischen Bücherfreundes be-
einflußt.
Wie furchtbar es in der Tat den Handschriften ergangen ist,
bestätigen die Zeugnisse des Dukas und Kritobulos. Hat auch
weder der eine noch der andere mit eigenen Augen angesehen, was
er erzählt, so haben doch beiden die Mitteilungen von Augenzeugen
fast unmittelbar nach der Eroberung zur Verfügung gestanden.
Dukas, dessen Wahrhaftigkeit außer Zweifel steht, erzählt vom
Abzüge von Heer und Flotte nach der Einnahme der Stadt: auf
den Schiffen seien zahllose Bücher unter der Beuteladung gewesen,
zahllose zu Lande weggeschafft worden. Nach Osten und Westen
seien Wagenladungen von Büchern geschleppt worden, für einen
Groschen wurden zehn Bände verkauft, von Aristoteles, Platon,
Theologisches wie Profanes war in gleicher Weise fei]. Von den
auf das herrlichste verzierten Evangelienbüchern wurde das Gold
und Silber heruntergerissen, bald verkauft, bald weggeworfen2.
1 Lauro Quirini in seiner vom 15. Juli 1453 aus Candia datierten Oratio
ad Nicolaum V. P. M. de urbis Constantinopolitanae iactura, in: Agostini,
Notizie istorico-critiche alla vita e le opere degli scrittori Viniziani (Tom. 1).
Venedig 1752, S. 222; vgl. Arnaldo Segarizzi, Lauro Quirini, umanista del
sec. XV, in: Memorie d. R. Acc. d. Scienze di Torino S. II. T. 54 S. 11 A. 1
für die Überlieferung der Oratio; Humphr. Hody: de Graecis illustribus.
London 1742, S. 192. An demselben Tage sandte Isidor selbst einen kurzen
Bericht über die Einnahme Konstantinopels an den Papst, Jorga a. a. O. II.
S. 522—524. In dem Lamento di Costantinopoli di Frate Bernardino Cin-
golano (Lamenti storici racc. e ord. a. c. di A. Medin e L. Frati Vol. 2 Bologna
1888 = Scelta di curiositä letterarie 226 S. 172 v. 45) heißt es:
Et era si gran numero adunato
Di tanti libri e d’ogni gran valore:
Ben sessanta migliaia era i(l) volume;
Tucti fur(no) arsi e butati nel fiume.
2 Dukas, S. 312, 14f.: -rap 8z ßlßXoup a.izä.aoi.q üzsp dpiD-gov u~zp-
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