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Jacobs, Emil [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 24. Abhandlung): Untersuchungen zur Geschichte der Bibliothek im Serai zu Konstantinopel, 1 — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37730#0032
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Handschriftensammler des XVI. Jahrhunderts.

Converri omnes angulos! Aber vergeblich befragen wir die
Briefe nach den Orten und Personen, denen er seinen Besitz ver-
dankte, und auch aus den mitgebrachten Handschriften selbst
erfahren wir hierüber heute nur in ganz wenigen Fällen einiges
unbedeutende1. Wenn Stephan Gerlach recht hat, so sind die
beiden Zygomalas, Johannes und sein Sohn Theodosius, Proto-
notarius des Patriarchates in Konstantinopel, seine Hauptliefe-
ranten gewesen2. Busbeck und Busbecks Codices schweigen über
das Serai! Was Busbeck über Fundstellen von Manuskripten
in Konstantinopel gewußt hat, ist mit ihm dahingegangen!
Trotzdem ist es erlaubt auch ihn als Zeugen dafür anzurufen,
für die Bestimmung der Person des letzten Vorbesitzers und Verkäufers der
Handschrift ausgibt, ist bisher nicht völlig genützt worden. Hamon, der
Vater des Judaeus ist Moses Hamon, der langjährige Leibarzt Sulejman des
Großen, qui le favorise plus que komme de sa loy, wie der französische Ge-
sandte 1549 berichtet. Das Todesjahr dieses einflußreichen Mannes steht
nicht fest, wenn man aber bisher annahm, er könne spätestens 1567 gestorben
sein, so lehrt Busbeck, daß er bereits 1562 nicht mehr am Leben war. Von
Moses’ Hamon Söhnen kennen wir zwei, Joseph Hamon, ebenfalls Leibarzt
des Sultans, gestorben vor 1578. Dieser ist hier nicht gemeint, da Busbeck
die Funktion, die er beim Vater nennt, beim Sohne schwerlich vreggelassen
hätte, wenn sie die gleiche gewesen wäre. Als damaliger Besitzer des Dios-
korides kommt vielmehr nur der andere Sohn des Moses Hamon in Betracht,
David Hamon, eine im Gegensatz zu Vater und Bruder nicht ganz saubere
Persönlichkeit. David war eine Zeitlang Leibarzt des Juan Miguez, alias Don
Joseph Nasi, Herzogs von Naxos, überwarf sich aber mit ihm 1569 und spann
gemeinschaftlich mit dem französischen Botschafter eine Intrigue gegen ihn
an. Diese schlug fehl, David Hamon wurde auf Befehl des Sultans nach Rhodus
verbannt und von den Rabbinern in Konstantinopel und anderen Orten in
den Bann gelegt. Zum Verkauf des Dioskorides wird er sich 1569 entschlossen
haben, als er durch den Verlust seiner Stelle bei Don Joseph Nasi in Ver-
legenheit kam. — Vgl. über die Familie Hamon: M. A. Levy, Don Joseph
Nasi, Herzog von Naxos, seine Familie und zwrni jüdische Diplomaten seiner
Zeit, Breslau 1859, S. 6f., 8, 24f.; The Jewish Encyclopedia Vol. 6, New York
und London 1904, S. 201 f.; über die Intriguen Davids gegen Don Josef:
Negociations de la France dans le Levant p. p. E. CharMere (Collection de
documents inedits sur l’histoire de France) T. 3, Paris 1853, S. 80f., 88;
wenn er hier, wie T. 2, 1850, S. 175 f. als Arzt des Sultans bezeichnet wird,
so beruht das auf einem Irrtum, vgl. Levi a. a. O. S. 41 Anm. ; über den Zeit-
punkt desVerkaufes des Dioskorides s. Premerstein: Codices graeci et latini
pliotographice depicti, T. X: Dioscurides, Praef. S. 16f.
1 Bick a. a. O. S. 150f. Daß der Wiener cod. hist. Gr. 6 einst Eigentum
der kaiserlichen Bibliothek in Constantinopel gewesen, beruht auf unkontrolier-
baren Angaben Lambeck-Kollars und Nessels, Bick a. a. O. S. 151 f.
2 Stephan Gerlach, Tagebuch, Frankfurt a. M. 1674, S. 115.
 
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