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Jacobs, Emil [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 24. Abhandlung): Untersuchungen zur Geschichte der Bibliothek im Serai zu Konstantinopel, 1 — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37730#0078
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Dominico von Jerusalem.

Wie dem also auch sei, ob Dominico hier eine eigene Ansicht
ausspricht oder nur seine Ansicht mit einer Tradition des Serai iden-
tifiziert, fest steht jedenfalls das eine: die Handschriften galten
Dominico für uralt, als aus der Zeit Konstantin des Großen
stammend. Und sehr alte Handschriften sind es in der Tat
gewesen, das geht aus Dominicos Beschreibung deutlich hervor.
Die kostbaren Einbände und die Goldschrift sind freilich nicht ohne
weiteres für das hohe Alter der Handschriften bezeichnend, wider-
sprechen ihm aber auch nicht, dagegen ist bekannt, daß sich die
ältesten Handschriften durch eine Feinheit des Pergamentes aus-
zeichnen1, die kaum ihresgleichen hat, carta bergamina sottile, che
par seta, wie Dominico sie beschreibt. Auf solchem Pergament sind
der Codex Sinaiticus und der Codex Vaticanus der Bibel geschrie-
ben2. Aber das Format! Im Druck steht: ciascuno longo doi
braccia, e non piü di tre palmi largo. Die Länge d. h. die Höhe
wird mit zwei Ellen d. li. rund 130 cm angegeben, das ist unglaub-
haft, ja unmöglich! Hier ist der überlieferte Text von Domi-
nicos Relation nicht in Ordnung.
Schwerlich, ja man kann mit einiger Sicherheit sagen, gewiß
nicht, beruhen die Maßangaben Dominicos auf Messung, sondern
auf Schätzung. Und diese Schätzung wird sich nicht auf die Blatt-
größe des Pergamentes, sondern auf die Gesamtgröße des vom
kostbaren Einband seitlich überragten Pergamentbuches beziehen.
Jahrzehnte, nachdem Dominico die großen alten Bände vor Augen
gehabt-, wird diese Schätzung von ihm vorgenommen, in der Er-
1 V. Gardthausen, Griechische Palaeographie, Bd. I2, Leipzig 1911,
S. 95; Edward Maunde Thompson, An Introduction to Greek and Latin
Paleography, Oxford 1912, S. 31. — Kostbare Einbände: Hieronymus Ep. 18:
gemmis Codices vestiuntur et nudus ante jores (des Tempels) Christus moritur. Vgl.
Gardthausen a. a. O. S. 178f. — In Patmos, 12. Jh., s. Ch. Diehl, Le
tresor et la bibliotheque de Patmos, in: Byz. Ztschr., Bd. 1, Leipzig 1892,
S. 501; in Konstantinopel. 11. Jh., s. Waldemar Nissen: Die Diataxis des
Michael Attaleiates von 1077. Diss. phil. Jena 1894, S. 83ff. N. Kondakow:
(Byzantinische Zellen-Emails. Sammlung A. W. Swenigorodskoi) Geschichte
und Denkmäler des byzantinischen Emails, Frankfurt a. M. 1892, S. 184ff.
— Goldschrift: Gardthausen a. a. O. S. 215f.; Wessely, Chrysographie, in:
Wiener Studien, Jg. 12, Wien 1890, S. 259f.; 269 f. (spätere Jahrhunderte). Ein
Verzeichnis so geschriebener Bücher gibt Bianchini: Evangeliarium Quadru-
plex II, Rom 1749, S. DXCI —DXCVIII: De codicibus aureis, argenteis et
purpureis.
2 C. R. Gregory, Textkritik des Neuen Testamentes, Bd. 1, Leipzig
1900, 8. 18; 32.
 
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