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Jacobs, Emil [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 24. Abhandlung): Untersuchungen zur Geschichte der Bibliothek im Serai zu Konstantinopel, 1 — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37730#0092
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Michel Baudier.

- vielleicht nicht erst dort — wird er bei gegebener Gelegenheit
davon erzählt, und dabei wird der gelehrte Rabbi nicht zu-
letzt von jener Bibliothek im Serai Mitteilung gemacht haben.
Was ihm in Konstantinopel von dieser bekannt geworden, wird
dort auch anderen nicht ganz verborgen geblieben, sichere
Kunde wird zu größerem Gerücht gewachsen sein. So dürfen wir
annehmen, daß bereits in den letzten Jahren des 16. Jahrhunderts-
in Gelehrten- und Sammlerkreisen, wenigstens in Italien, Kenntnis
von den Schätzen der Serai-Bibliothek vorhanden gewesen ist.
Jedenfalls wollte man wissen, daß der Großherzog Ferdinand I.
von Toscana, eben der. dem die Privilegierung der Erzeugnisse
seiner orientalischen Druckerei in Konstantinopel gelungen, sich
um die Hebung und Erwerbung eines im Abendlande längst ersehn-
ten Schatzes, der sich in der Libreria Ottomana del Serraglio befin-
den sollte, ernstlich, aber vergebens bemüht habe1. Das müßte
vor 1609 gewesen sein, denn in diesem Jahre starb er. Das eine
steht fest: seit den Tagen Dominicos ist die Bibliothek
im Serai lebendig, seit dieser Zeit hat sie niemals auf-
gehört, die Gemüter zu beschäftigen, zu beunruhigen.
Unzugänglich, unerforschlich, geheimnisvoll stand sie da. Zum
Gespenst fast ward sie. oft geleugnet, beherztem Zugriff wesenlos,
entweichend.

III.
Michel Baudier, seine Quellen, und die Entstellung von
Dominicos Bericht.
1.
Wenn es gewiß ist, daß Dominicos Relation die echte Quelle
für die ersten Nachrichten von den Handschriften der Seraibiblio-
thek darstellt, so ist doch ebenso sicher, daß nicht diese Relation
Dominicos die Kunde von der Existenz und den kostbaren Schätzen
dieser Sammlung in die Welt hinausgetragen hat, denn nur wenigen
ist das kleine Werk in Druck oder Abschrift bekannt geworden,
und sehr bald sind die Relation und ihr Verfasser, wie wir sahen,
in völlige Vergessenheit geraten. Vielmehr hat ein Kompilator,
ohne seinen Gewährsmann zu nennen, vielleicht gar ohne seinen
Namen zu kennen, Dominicos wertvolles Gut zu dem seinen ge-
macht, nicht in der besten Weise, und unerkannt nicht nur,

1 s. unten S. 100 A. 3.
 
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