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Jacobs, Emil [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 24. Abhandlung): Untersuchungen zur Geschichte der Bibliothek im Serai zu Konstantinopel, 1 — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37730#0094
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Michel Baudier.

(1795) führt eine große Linie, die Errichtung der Compagnie de la
Chine (1660), des Indes orientales (1665), du Levant (1670), der
Bourgeois gentilhomme (1670), Bajazet (1672), die Lettres edifiantes
et curieuses (1702), d’Herbelot’s Bibliotheque orientale (1697), die
Lettres persanes (1721), Mahomet (1742), Anquetil du Perron’s
Übersetzung der Zend-Avesta (1771) liegen auf Parallelen desselben
Geleises. Um die Vorbereitung für diese Wege hat sich Baudier
wii klicheVerdienste erworben, freilich nicht imSinne orientalistischer
Wissenschaft, die es zu seiner Zeit noch nicht gab, sondern im
Dienste der vulgarisation. Für das große Publikum schreibt er,
und hier ist er mit sicherem Gefühl einem kaum erwachten Ge-
schmack nährend und belebend entgegengekommen. Von den
Menschen des Orients, von ihren Sitten, ihrer Beligion, ihrer Ge-
schichte, der Regierungsform, unter der sie lebten, und nicht zu-
letzt von ihren Frauen und ihrem Liebesieben wünschte man zu
hören. Dieser in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts auf-
keimenden Wißbegierde hat Baudier mit Erfolg gedient. Der Türkei
und den Türken gehört insonderheit seine Arbeit, sie den Franzosen
zuerst literarisch näher gebracht zu haben, darf er sich mit Recht
rühmen, den Boden, der die jubelnde Resonanz für Racines Meister-
werk einst abgeben sollte, hat er legen helfen* 1.
Den Stoff nahm Baudier, wo er ihn fand. Daß er mit Glück
fleißig und geschickt nach ,, Quellen“, auch entlegenen, gesucht hat,
ist nicht zu bestreiten. Dann hat er kompiliert, ohne besondere
Skrupel und Kritik, und zurechtgestutzt. Seiner Geschichte der
Türken, dem Inventaire de Vhistoire generale des Turcs, das 1617
erschien, ist das Verdienst einer ersten bequemen Zusammen-
fassung, für die Zeit, die Baudier miterlebt hat, sogar ein gewisser
Quellenwert nicht abzusprechen (s. u. S. 129), sie hat gedauert, bis
Mezerai (1650) sie ablöste. Die Histoire generale de la religion des
Turcs, die 1625 herauskam, war das erste Buch, aus dem sich das
französische Publikum über den Islam belehren konnte, und
Baudier nahm hier mit Recht Vhonneur Tavoir ouvert le chemin
für sich in Anspruch2. Den größten Erfolg aber erzielte er 1624
dans le Louvre, les merveilles de ceste Royale Cite. . . — Mißvergnügen über
das Hofleben vgl. Hist, du Serail, Preface: Ceux qui ont bien cognu la Cour,
ne Vont pas airriee etc., Dedikationsepistel zur Hist, de la Cour du Roy de la
Chine u. ö. — Vgl. vor allem unten S. 129.
1 Vgl. Pierre Martino: L’Orient dans la litterature frantjaise au XVIIe
et au XVIIle siede. These. Paris 1906, S. 133ff.; 160ff.
2 Baudier a. a. O. Preface.
 
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