Metadaten

Jacobs, Emil [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 24. Abhandlung): Untersuchungen zur Geschichte der Bibliothek im Serai zu Konstantinopel, 1 — Heidelberg, 1919

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37730#0130
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
118

Tavernier und die Bücher im Schatzhaus.

theken verwechselt und also benannt. Der Brand von 1665
scheidet mithin für die Geschichte der „Bibliothek“ aus.
Später, im dritten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts, treffen
wir auf ein ganzes Bündel die Bibliothek betreffender Erzählungen.
Sie sollte durch Feuersbrünste gelitten haben, viel mehr aber habe
ihr der heilige Eifer zweier Sultane geschadet. Von Murad IV.
(1623—40) wollte man wissen, er habe in einem Wutanfall gegen die
Christen die Bücher aus der alten Bibliotheque des Empereurs grecs
verbrennen lassen, nur die Gestelle seien noch da!'.1 II Das sind
keine Legenden, sondern böswillige Erfindungen, größtenteils auf
den jüdischen Arzt Daniel Fonseca zurückgehend, dem Abbe
Sevin erzählt, um ihn von weiteren Versuchen, Kenntnis von den
griechischen und lateinischen Handschriften im Serai zu erhalten,
gründlichst abzuschrecken. Daß die Bibliothek im ganzen abge-
brannt sei, hat auch damals niemand behauptet1.
Das Gebäude freilich, das auf Gurlitts neuestem Plan (5) des
Serai als „Alte Bibliothek“ bezeichnet ist, wird mit Lfnrecht als
solche angesprochen. Der Raum ist alt, „anscheinend noch dem
15. Jahrhundert angehörig“. ZurZeit des Giovanni Maria Angio-
lello, der 1474—1481 zur nächsten Umgebung Mehemmed II. ge-
hörte, war hier die Loggia et Cancellaria, dove senta li Vixir1 das
bestätigt Theodoros Spandunis, dessen Angaben auf Wahrneh-
mungen zwischen 1502 und 1509 beruhen, und der jüngste türkische
Topograph des Serai, Abdur-Rahman Effendi, läßt keinen Zweifel

1 Omont, Missions archeologiques frangaises en Orient I, S. 543 (Four-
mont an Maurepas 26. 3. 1729); S. 448 (Fonseca im Briefe Sevins an Maure-
pas, 12. 12. 1728); II S. 1079 (Fonseca im Bericht Sevins vom 14. XI. 1730);
II S. 1080 (Mustafa Efendi und der precepteur des enfants du Grand Seigneur).
— Auf die Persönlichkeit Fonsecas komme ich im zweiten Teil dieser Unter-
suchungen zurück. Auch er leugnete die Existenz der Bibliothek nicht,
behauptete nur qiCil n’y a point dans la bibliotheque du Grand Seigneur de
manuscrits grecs ny latins, an Maurepas, 7. I. 1729, bei Omont a. a. O. I
S. 458 Anm. — Vgl. Villoison, Notices et extraits VIII, 2, S. 5.
2 Auch Spon (1675 —1676) weiß nichts davon, Vovage d’Italie, de
Balmatie, de Grece et du Levant, T. 1, Lyon 1678, S. 253: Notre guide nous
mena un jour voir le Serrail, mais nous n'enträmes que jusqidau Divan . . .
Ce que faurois plus particulierement souhaite d’y voir est. . . le Tite-Live parfait
qiC on a crü etre dans la Bibliotheque du Grand Seigneur. On m’a dit qu’il ne
s^dtoit jamais pü trouver, quoiqiCon eüt offert des sommes considerabl.es ä celuy
qui a le soin des Livres, si on Vavoit pü avoir por son moyen.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften