Die Corvina.
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scheinlich, daß Sulejman „die hervorragenderen Exemplare der
Bibliothek nach Konstantinopel bringen ließ“, den Zeitpunkt aber,
1526, 1529 oder 1541, läßt er offen1. Aber selbst für diese Wahr-
scheinlichkeit ist nicht der Schatten eines Beweises zu erbringen,
sie ist reine Vermutung. Wenn Csontosi „die hervorragenderen
Exemplare der Bibliothek“ nach Konstantinopel verbracht sein
läßt, so ist für diese Annahme doch wohl einzig und allein die
geringe Anzahl der bisher im Serai gefundenen Corvin-Hand-
schriften entscheidend gewesen. Wenn aber wirklich die Qualität der
Handschriften bei der Auswahl für Sulejman bestimmend gewesen
sein soll, so kann darunter doch nur besondere Schönheit verstanden
werden. Wir kennen nur Reste und zwar im allgemeinen nur
Zufallsreste der Corvina. Legt man unseren kunsthistorischen Maß-
stab an, so kann man unter ihnen durchaus nicht ohne weiteres
die Corvina-Serai-Handschriften als die „hervorragenderen“ be-
zeichnen, will man aber behaupten, diese Handschriften habe eben
Sulejman bezw. sein Beauftragter als die „hervorragenderen“ von
seinem orientalischen Standpunkt aus erwählt, so heißt das doch
völlig ins Blaue reden.
Mit einem Wort: wir wissen nicht, wann und wie die Corvina-
Handschriften in das Serai gekommen sind, wie wir auch nicht
wissen, oh die bisher im Serai zutage gelangten Corvina-Hand-
schriften die Gesamtheit der einst dorthin gekommenen darstellen,
oder ob noch mehr von ihnen dort verborgen sind.
Ebensowenig wie Csontosis „Wahrscheinlichkeit“ der Ver-
bringung von Corvina-Handschriften durch Sulejman nach Kon-
stantinopel, läßt sich Toldys Vermutung, die Handschriften seien
erst in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, als die Aufmerksam-
keit von neuem auf sie gelenkt gewesen sei, durch die Pforte von
Ofen nach Konstantinopel befördert worden, irgendwie begründen2.
Ziemlich sicher ist nur eines: die im 19. Jahrhundert im Serai
aufgefundenen Corvina-Handschriften haben sich bereits in den
ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts im Serai, in der Schatz-
kammer, an derselben Stelle, wo man sie Jahrhunderte später
1 Johann Csontosi, Auswärtige Bewegungen auf dem Gebiete der
Corvina-Literatur, in: Literarische Berichte aus Ungarn. Hrsg, von Paul
Hunfalvy, Jg. 3, Budapest 1879, S. 103 bei Gelegenheit der Besprechung
der Fischer sehen Arbeit.
2 A Magyar Tudomanyos Akademia Jegyzökönyvei, 1864, II, Pest 1864,
S. 97.
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scheinlich, daß Sulejman „die hervorragenderen Exemplare der
Bibliothek nach Konstantinopel bringen ließ“, den Zeitpunkt aber,
1526, 1529 oder 1541, läßt er offen1. Aber selbst für diese Wahr-
scheinlichkeit ist nicht der Schatten eines Beweises zu erbringen,
sie ist reine Vermutung. Wenn Csontosi „die hervorragenderen
Exemplare der Bibliothek“ nach Konstantinopel verbracht sein
läßt, so ist für diese Annahme doch wohl einzig und allein die
geringe Anzahl der bisher im Serai gefundenen Corvin-Hand-
schriften entscheidend gewesen. Wenn aber wirklich die Qualität der
Handschriften bei der Auswahl für Sulejman bestimmend gewesen
sein soll, so kann darunter doch nur besondere Schönheit verstanden
werden. Wir kennen nur Reste und zwar im allgemeinen nur
Zufallsreste der Corvina. Legt man unseren kunsthistorischen Maß-
stab an, so kann man unter ihnen durchaus nicht ohne weiteres
die Corvina-Serai-Handschriften als die „hervorragenderen“ be-
zeichnen, will man aber behaupten, diese Handschriften habe eben
Sulejman bezw. sein Beauftragter als die „hervorragenderen“ von
seinem orientalischen Standpunkt aus erwählt, so heißt das doch
völlig ins Blaue reden.
Mit einem Wort: wir wissen nicht, wann und wie die Corvina-
Handschriften in das Serai gekommen sind, wie wir auch nicht
wissen, oh die bisher im Serai zutage gelangten Corvina-Hand-
schriften die Gesamtheit der einst dorthin gekommenen darstellen,
oder ob noch mehr von ihnen dort verborgen sind.
Ebensowenig wie Csontosis „Wahrscheinlichkeit“ der Ver-
bringung von Corvina-Handschriften durch Sulejman nach Kon-
stantinopel, läßt sich Toldys Vermutung, die Handschriften seien
erst in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, als die Aufmerksam-
keit von neuem auf sie gelenkt gewesen sei, durch die Pforte von
Ofen nach Konstantinopel befördert worden, irgendwie begründen2.
Ziemlich sicher ist nur eines: die im 19. Jahrhundert im Serai
aufgefundenen Corvina-Handschriften haben sich bereits in den
ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts im Serai, in der Schatz-
kammer, an derselben Stelle, wo man sie Jahrhunderte später
1 Johann Csontosi, Auswärtige Bewegungen auf dem Gebiete der
Corvina-Literatur, in: Literarische Berichte aus Ungarn. Hrsg, von Paul
Hunfalvy, Jg. 3, Budapest 1879, S. 103 bei Gelegenheit der Besprechung
der Fischer sehen Arbeit.
2 A Magyar Tudomanyos Akademia Jegyzökönyvei, 1864, II, Pest 1864,
S. 97.