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Schwerin, Claudius; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 25. Abhandlung): Zur altschwedischen Eidhilfe — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37731#0021
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Zur altschwedischen Eidhilfe.

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in wie vielen Fällen vitni ohne Kenntnis auftritt, sondern daß
es überhaupt sich findet1. Dabei mag noch bemerkt werden, daß
auch in manchen der Stellen, die zugunsten der herrschenden
Meinung sprechen, zwar Leute zum vitni herangezogen werden,
die Kenntnis haben können, aber die tatsächliche Kenntnisnahme
nicht geprüft wird.
Mit der Unabhängigkeit des vitni von eigener Wahrnehmung
hängt zusammen, daß der Zwölfereid mit vitni in allen Beweis-
lagen verwendbar ist. Während im allgemeinen im germanischen
Recht der Eidhelferbeweis der typische Beweis des Beklagten,
der Beweis mit Zeugen der typische Überführungsbeweis ist, findet
sich der Zwölfereid mit vitni als Reinigungsbeweis, Überführungs-
beweis und Feststellungsbeweis2. Ja es ist sogar die Zahl der Leug-
nungsbeweise besonders groß3.
Eine Bestätigung dafür, daß das vitni in vielen Fällen eigener
Kenntnis darbt, liegt ferner darin, daß der Zwölfereid mit vitni viel-
fach gerade dann zur Anwendung kommt, wenn Augenscheinszeugen
fehlen oder der Beklagte nicht auf handhafter Tat ergriffen ist.
Als allgemeine Regel wird dies ausgesprochen in Sdm. Djb. 9 § 4:
Ihvar sum. man scal sökix annxn mxp witnum, pxr han ei
der takin wiper swa sum vm drap, sar, ran, piufnap seller
hwat pset hxlzt ser sum man scal mxp witnum sökix, pxt scal
han görx mxp frxlsum mannum oc fripwitum4.
Obwohl der Täter nicht auf der Tat ergriffen ist, also Augen-
zeugen mangeln, kommt es zum Beweis mit vitni und gerade der
Schluß der Bestimmung legt es nahe, daß die vitnismxn erst nach-
träglich ausgesucht werden. Daneben finden sich einzelne Fälle
in anderen Rechten. Nach Vg. II Rb. 12 kommt der wegen handran
1 So kann auch dahingestellt bleiben, worauf sich die Leugnung des
taki in Vg. I Djb. 9 (= II Djb. 41) bezieht.
2 Hierunter sind Beweise zu verstehen, die eine einzelne zur Substan-
ziierung der Klage oder der Leugnung vorgebrachte Tatsache betreffen; man
könnte sie auch Tatsachenbeweise nennen. Jedenfalls dürfte, wie hier nur
kurz bemerkt werden kann, die übliche Scheidung aller Eide in die zwei
Gruppen der Leugnungseide und Überführungseide gemäß der herrschenden
Meinung (vgl. z. B. Siegel, Geschichte des deutschen Gerichtsverfahrens I,
179ff.; v. Amira, Grundriß3, 272f.; Brunner, RG. II 486) nicht ausreichen.
3 Es trifft nicht zu, wenn K. Lehmann a. a. O. behauptet, der Beweis
mit Zwölft und vitni werde besonders da verwendet, wo nicht „ein bloß nega-
tives Leugnen, sondern ein positives Beweisen verlangt wird“.
4 Vgl. auch Vm. II Bb. 16 § 1, am Ende, das sich dem Zusammenhänge
nach auf Eide mit vitni beziehen dürfte.
 
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