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Gl. Frh. von Schwerin:
Daß die Entwicklung so begonnen hat, läßt sich zunächst ver-
muten. Die Vermutung aber wird gesichert durch die Beobachtung,
daß gerade im westgötischen Recht, in dem der Anfang der Ent-
wicklung festgehalten ist, kaum ein Zeugnis ohne Eidhilfe erscheint,
und unbestreitbares Erfahrungszeugnis in Eidhilfe eingekleidet wird.
Allerdings läßt sich jenes bei der oft lückenhaften Fassung von Vg.
nicht statistisch beweisen; es gibt vielmehr Fälle, in denen eine
Eidhilfe beim Zeugnis nicht erwähnt wird. Aber es ist doch von
Bedeutung, daß noch in Vg. II Fr. 1 und Rb. 13 ein Zeugnis
ohne Eidhilfe dem Spruch der naemd unterworfen wird, und beson-
ders charakteristisch ist es, daß nach Vg. I Gb. 9 § 5 der Kläger
den Beweis echter Not durch Zeugen allein sich überhaupt nicht
gefallen zu lassen braucht, sondern einen tylptareper mit vitni
verlangen kann.
Die Einkleidung echter Zeugnisse in die Eidhilfe ergibt sich
schon aus dem oben über das vitni Gesagten. Im besonderen sei
noch auf folgende Fälle hingewdesen. Nach Vg. I Rb. 8pr. (=11
Rb. 17) wird zwar die fsearföling mit asynarvitni bewiesen, aber
es folgt diesem eine tylpt. Das Gleiche findet nach 1 Rb. 9pr.
(= II Rb. 20) statt bei Tötung eines Tieres durch ein anderes,
nach Vg. II Rb. 18 bei fiorlsesting. Ebenso wird das Dingzeugnis
mit Eidhelfern erbracht* 1. Ja sogar da, wo das Erfahrungszeugnis
solennisiert ist, stützt sich die Klage nicht auf dieses allein, sondern
wird mit Zwölft erhoben2.
Von diesem ersten Entwicklungsstadium aus war die Mög-
lichkeit gegeben, die Grenze, die durch die Begriffe des Solennitäts-
zeugnisses und des solennisierten Zeugnisses zunächst gezogen war,
zu überschreiten. Was nämlich den Zwölfereid mit vitni äußerlich
von der reinen Eidhilfe unterschied, war die Tatsache, daß be-
Mb. 8 (=11 Drb. 19) beim Beweise handhaften Diebstahls als vitnismsen
fungieren. Damit hängt dann wiederum die Ablösung des Schreimannen-
beweises durch die nsemd, zusammen; vgl. Hels. iEb. 6pr. und das unten S. 56
Gesagte. Vgl. auch Flensb. I, 2 (Thorsen 123). Ob, wie Brunner
Rg. 11399 annimmt, die Schreimannen der kontinentalen Rechte immer Eid-
helfer waren, bedürfte der näheren Untersuchung. Vgl. auch H. Meyer,
Das Publizitätsprinzip (1909), 54ff.
1 Vg. 1 Md. 1 § 1; II Dr. 3; II Jb.33. Vgl. weiterhin z.B. Vm.II Kr. 11 §1.
2 Vg. I Bard. 1 pr. Daß die Parallele in Vg. II Fr. 1 fehlt, erklärt sich
daraus, daß Vg. I Bard. 1 pr. zwei Verfahren und wohl auch zwei Fas-
sungen kombiniert und bei der Reinigung des Textes das hier interessierende
Verfahren geändert wurde.
Gl. Frh. von Schwerin:
Daß die Entwicklung so begonnen hat, läßt sich zunächst ver-
muten. Die Vermutung aber wird gesichert durch die Beobachtung,
daß gerade im westgötischen Recht, in dem der Anfang der Ent-
wicklung festgehalten ist, kaum ein Zeugnis ohne Eidhilfe erscheint,
und unbestreitbares Erfahrungszeugnis in Eidhilfe eingekleidet wird.
Allerdings läßt sich jenes bei der oft lückenhaften Fassung von Vg.
nicht statistisch beweisen; es gibt vielmehr Fälle, in denen eine
Eidhilfe beim Zeugnis nicht erwähnt wird. Aber es ist doch von
Bedeutung, daß noch in Vg. II Fr. 1 und Rb. 13 ein Zeugnis
ohne Eidhilfe dem Spruch der naemd unterworfen wird, und beson-
ders charakteristisch ist es, daß nach Vg. I Gb. 9 § 5 der Kläger
den Beweis echter Not durch Zeugen allein sich überhaupt nicht
gefallen zu lassen braucht, sondern einen tylptareper mit vitni
verlangen kann.
Die Einkleidung echter Zeugnisse in die Eidhilfe ergibt sich
schon aus dem oben über das vitni Gesagten. Im besonderen sei
noch auf folgende Fälle hingewdesen. Nach Vg. I Rb. 8pr. (=11
Rb. 17) wird zwar die fsearföling mit asynarvitni bewiesen, aber
es folgt diesem eine tylpt. Das Gleiche findet nach 1 Rb. 9pr.
(= II Rb. 20) statt bei Tötung eines Tieres durch ein anderes,
nach Vg. II Rb. 18 bei fiorlsesting. Ebenso wird das Dingzeugnis
mit Eidhelfern erbracht* 1. Ja sogar da, wo das Erfahrungszeugnis
solennisiert ist, stützt sich die Klage nicht auf dieses allein, sondern
wird mit Zwölft erhoben2.
Von diesem ersten Entwicklungsstadium aus war die Mög-
lichkeit gegeben, die Grenze, die durch die Begriffe des Solennitäts-
zeugnisses und des solennisierten Zeugnisses zunächst gezogen war,
zu überschreiten. Was nämlich den Zwölfereid mit vitni äußerlich
von der reinen Eidhilfe unterschied, war die Tatsache, daß be-
Mb. 8 (=11 Drb. 19) beim Beweise handhaften Diebstahls als vitnismsen
fungieren. Damit hängt dann wiederum die Ablösung des Schreimannen-
beweises durch die nsemd, zusammen; vgl. Hels. iEb. 6pr. und das unten S. 56
Gesagte. Vgl. auch Flensb. I, 2 (Thorsen 123). Ob, wie Brunner
Rg. 11399 annimmt, die Schreimannen der kontinentalen Rechte immer Eid-
helfer waren, bedürfte der näheren Untersuchung. Vgl. auch H. Meyer,
Das Publizitätsprinzip (1909), 54ff.
1 Vg. 1 Md. 1 § 1; II Dr. 3; II Jb.33. Vgl. weiterhin z.B. Vm.II Kr. 11 §1.
2 Vg. I Bard. 1 pr. Daß die Parallele in Vg. II Fr. 1 fehlt, erklärt sich
daraus, daß Vg. I Bard. 1 pr. zwei Verfahren und wohl auch zwei Fas-
sungen kombiniert und bei der Reinigung des Textes das hier interessierende
Verfahren geändert wurde.