6
Otto Carteleieri:
sogar häufig mit Undank gelohnt, weil sonst zu viel Ärger und
Mißstimmung vorhanden war. Der König beging den großen Fehler,
zu hollandisieren: doch alles wollten die Belgier sein, nur keine
Holländer.
Gegensätze der Religion kamen dazu. Mit Besorgnis schauten
die orthodoxen Kalvinisten vom Schlage eines Bilderdijk und
Isaak da Costa auf die strenggläubigen Katholiken im Lande
Albas, neben denen die freigeistigen Voltairianer doch nicht recht
in Betracht kamen.
Die Beschwerden wurden immer zahlreicher, dringender. Das
Grundgesetz wurde nicht genau innegehalten, die öffentliche
Schuld nicht gerecht verteilt. Die Einführung des Holländischen
als Gesetzessprache erregte viel böses Blut, auch bei den Flamen;
während der Revolution war die romanische Kultur doch zu tief
eingedrungen. Die verhaßten neuen Steuern, besonders die Mahl-
und Schlachtsteuer, riefen stets neuen Grimm hervor.
An diesen Kämpfen gegen den König und seinen bösen Geist,
den gehaßten, noch mehr verachteten Minister Van Maanen nahm
nunmehr der „Mathieu Laensbergh“ lebhaftesten Anteil. Das
Blatt nannte sich recht glücklich nach dem geheimnisvollen
Lütticher Nostradamus, den die zahllosen Almanache in den
Niederlanden weit und breit bekannt gemacht hatten. Es war
zunächst für die Provinz bestimmt, setzte sich aber bald im
ganzen Lande ebenso durch wie die Brüsseler Zeitungen und
erschien häufig als Führer im Streite. Es entwickelte sich zu einem
gefürchteten Werkzeug der Opposition. Außerordentlich arbeits-
reiche Jahre folgten für Rogier. Im Jahre 1826 wurde er Advokat
und erwarb den Doktortitel, nachdem es ihm mühsam gelungen
war, die hohen Kosten aufzubringen. Am Ende des Jahres reiste
er nach Paris und kam mit vielen Anregungen zurück. Er küm-
merte sich jetzt mehr um das literarische Leben in Lüttich,
arbeitete auch an einem Kinderblatte ,,La Recompense“ mit, um
die Liebe zur Heimat zu vertiefen. Aber die Politik spielte nach
wie vor die ausschlaggebende Rolle. Besonders eingehend beschäf-
tigte er sich mit dem Wahlsystem: zwei Leitfäden waren die Frucht
dieser Studien (Manuel electoral des campagnes; Manuel electoral de
bhabitant des villes 1829. 1830). Alle l7ragen, die nur irgendwie die
Öffentlichkeit angingen, erörterte Rogier im ,,Mathieu Laensbergh“.
Er forderte eine repräsentative Monarchie mit voller Verantwort-
lichkeit der Minister. In manchen Kreisen wurde der ,,roi finan-
Otto Carteleieri:
sogar häufig mit Undank gelohnt, weil sonst zu viel Ärger und
Mißstimmung vorhanden war. Der König beging den großen Fehler,
zu hollandisieren: doch alles wollten die Belgier sein, nur keine
Holländer.
Gegensätze der Religion kamen dazu. Mit Besorgnis schauten
die orthodoxen Kalvinisten vom Schlage eines Bilderdijk und
Isaak da Costa auf die strenggläubigen Katholiken im Lande
Albas, neben denen die freigeistigen Voltairianer doch nicht recht
in Betracht kamen.
Die Beschwerden wurden immer zahlreicher, dringender. Das
Grundgesetz wurde nicht genau innegehalten, die öffentliche
Schuld nicht gerecht verteilt. Die Einführung des Holländischen
als Gesetzessprache erregte viel böses Blut, auch bei den Flamen;
während der Revolution war die romanische Kultur doch zu tief
eingedrungen. Die verhaßten neuen Steuern, besonders die Mahl-
und Schlachtsteuer, riefen stets neuen Grimm hervor.
An diesen Kämpfen gegen den König und seinen bösen Geist,
den gehaßten, noch mehr verachteten Minister Van Maanen nahm
nunmehr der „Mathieu Laensbergh“ lebhaftesten Anteil. Das
Blatt nannte sich recht glücklich nach dem geheimnisvollen
Lütticher Nostradamus, den die zahllosen Almanache in den
Niederlanden weit und breit bekannt gemacht hatten. Es war
zunächst für die Provinz bestimmt, setzte sich aber bald im
ganzen Lande ebenso durch wie die Brüsseler Zeitungen und
erschien häufig als Führer im Streite. Es entwickelte sich zu einem
gefürchteten Werkzeug der Opposition. Außerordentlich arbeits-
reiche Jahre folgten für Rogier. Im Jahre 1826 wurde er Advokat
und erwarb den Doktortitel, nachdem es ihm mühsam gelungen
war, die hohen Kosten aufzubringen. Am Ende des Jahres reiste
er nach Paris und kam mit vielen Anregungen zurück. Er küm-
merte sich jetzt mehr um das literarische Leben in Lüttich,
arbeitete auch an einem Kinderblatte ,,La Recompense“ mit, um
die Liebe zur Heimat zu vertiefen. Aber die Politik spielte nach
wie vor die ausschlaggebende Rolle. Besonders eingehend beschäf-
tigte er sich mit dem Wahlsystem: zwei Leitfäden waren die Frucht
dieser Studien (Manuel electoral des campagnes; Manuel electoral de
bhabitant des villes 1829. 1830). Alle l7ragen, die nur irgendwie die
Öffentlichkeit angingen, erörterte Rogier im ,,Mathieu Laensbergh“.
Er forderte eine repräsentative Monarchie mit voller Verantwort-
lichkeit der Minister. In manchen Kreisen wurde der ,,roi finan-