Agatharchidea.
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ganz frei von Astrologie im späteren Sinne, auch dies ein bedeut-
sames Merkmal für die Zeit und Sphäre, in die er hineingehört.
Der echtbürtige Rhodier Panätius mit der geistigen Heimat Athen
ist ihm wesensverwandter als der syrische Rhodier Posidonius.
Überblicken wir das ganze Stück, so zeigt sich sofort, daß die
Überschrift schon insofern unzutreffend ist, als biographische
Daten offenbar sehr zurücktreten. Ein Durcheinander metaphysi-
scher, naturphilosophischer, ethischer Lehren drängt sich vor.
Versucht muß es werden, deren ursprünglichen Plan und Zusam-
menhang zu erraten. Doch hindert da natürlich die Exzerptoren-
willkür des Photius. Dieser müssen wir bei der Analyse überhaupt
stets eingedenk bleiben. Besonders wird nichts zu schließen sein
aus dem Fehlen gewisser Traditionen und Lehren, z. B. daß im
Historischen keine Spur ist von dem Ordenswesen, nichts von der
Linnenkleidung vorkommt (wohl aber die Fleischenthaltung),
nichts von Zusammenhängen mit dem Orient (obwohl doch schon
Hermipp sogar die Juden bemühte, FHG3, 41 Fr. 21). Im sach-
lichen Teil fehlt alles auf die Musik (auch auf die Sphärenharmonie)
Bezügliche, ferner die Lehre von den Gegensätzen, auch ein Ab-
schnitt über die Symbola. Aus all dem ist angesichts der Tat-
sache des Exzerptes nichts zu folgern. Dagegen ist entscheidend,
daß gegen Ende des Ganzen hin das bunte Allerlei von Dogmen
in einer Weise sich vereinheitlicht, die mit einem Pythagorasleben
schon gar nichts und mit dem Pythagoreismus kaum noch etwas
zu tun hat. Nachdem einmal der Blick dem Menschen sich zu-
gewendet hatte und dessen Stellung in seiner zugleich kosmisch
und tellurisch bestimmten Umgebung, wird offenbar überhaupt
,,der Mensch in der Abhängigkeit von seinem Lebensraum“ zum
Gegenstand der Betrachtung, bis schließlich eine einzelne klimatologi-
sche Frage, die Nilschwelle, den Verfasser den Anschluß gewinnen
läßt an die besondere Welt des Südens, welcher das Werk des
Agatharchides galt. Es ist eben das Ganze zu diesem Werk die
weitausgesponnene Einleitung gewesen, von der Art, wie wir sie
bei Agatharchides schon kennen lernten. Im hohen Alter, doch
wohl als letztes, hat er das Buch verfaßt (460 b 3 ff.; vgl. oben
S. 9). Doppelt begreiflich sein Bedürfnis, seiner anthropogeographi-
schen Darstellung dieses philosophische Credo voranzustellen.
Als Proömium ist das Ganze dem Wesen nach verwandt mit der
freilich unselbständigen allgemeinen Einleitung Diodors, im ge-
wissen Sinne auch mit den ins Moralische gewendeten Proömien
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ganz frei von Astrologie im späteren Sinne, auch dies ein bedeut-
sames Merkmal für die Zeit und Sphäre, in die er hineingehört.
Der echtbürtige Rhodier Panätius mit der geistigen Heimat Athen
ist ihm wesensverwandter als der syrische Rhodier Posidonius.
Überblicken wir das ganze Stück, so zeigt sich sofort, daß die
Überschrift schon insofern unzutreffend ist, als biographische
Daten offenbar sehr zurücktreten. Ein Durcheinander metaphysi-
scher, naturphilosophischer, ethischer Lehren drängt sich vor.
Versucht muß es werden, deren ursprünglichen Plan und Zusam-
menhang zu erraten. Doch hindert da natürlich die Exzerptoren-
willkür des Photius. Dieser müssen wir bei der Analyse überhaupt
stets eingedenk bleiben. Besonders wird nichts zu schließen sein
aus dem Fehlen gewisser Traditionen und Lehren, z. B. daß im
Historischen keine Spur ist von dem Ordenswesen, nichts von der
Linnenkleidung vorkommt (wohl aber die Fleischenthaltung),
nichts von Zusammenhängen mit dem Orient (obwohl doch schon
Hermipp sogar die Juden bemühte, FHG3, 41 Fr. 21). Im sach-
lichen Teil fehlt alles auf die Musik (auch auf die Sphärenharmonie)
Bezügliche, ferner die Lehre von den Gegensätzen, auch ein Ab-
schnitt über die Symbola. Aus all dem ist angesichts der Tat-
sache des Exzerptes nichts zu folgern. Dagegen ist entscheidend,
daß gegen Ende des Ganzen hin das bunte Allerlei von Dogmen
in einer Weise sich vereinheitlicht, die mit einem Pythagorasleben
schon gar nichts und mit dem Pythagoreismus kaum noch etwas
zu tun hat. Nachdem einmal der Blick dem Menschen sich zu-
gewendet hatte und dessen Stellung in seiner zugleich kosmisch
und tellurisch bestimmten Umgebung, wird offenbar überhaupt
,,der Mensch in der Abhängigkeit von seinem Lebensraum“ zum
Gegenstand der Betrachtung, bis schließlich eine einzelne klimatologi-
sche Frage, die Nilschwelle, den Verfasser den Anschluß gewinnen
läßt an die besondere Welt des Südens, welcher das Werk des
Agatharchides galt. Es ist eben das Ganze zu diesem Werk die
weitausgesponnene Einleitung gewesen, von der Art, wie wir sie
bei Agatharchides schon kennen lernten. Im hohen Alter, doch
wohl als letztes, hat er das Buch verfaßt (460 b 3 ff.; vgl. oben
S. 9). Doppelt begreiflich sein Bedürfnis, seiner anthropogeographi-
schen Darstellung dieses philosophische Credo voranzustellen.
Als Proömium ist das Ganze dem Wesen nach verwandt mit der
freilich unselbständigen allgemeinen Einleitung Diodors, im ge-
wissen Sinne auch mit den ins Moralische gewendeten Proömien