Agatharchidea.
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Mitleid mit den Toten ein έλεος έκ δόξης heißt). In dieser
starken Betonung des κατά φύσιν (wobei der ichthyophagische
Naturzustand geradezu mit den Farben des goldenen Zeitalters
ausgemalt wird, ebd. 11 ff.) und der vis clivina in der Natur
spüren wir wohl wieder, bei aller pythagoreisch-platonischer
Religiosität des Agatharchides, den Einfluß des Straton; vgl.
Cicero deor. nat. 1, 35 und Diels, Über das physik. System
des Straton, Sitzber. Berl. Akad. 189, 16. Doch kommt auch
die von uns schon S. 21 und 57 erwähnte allgemeine Zeit-
stimmung sehr stark und wohl mehr noch als das philosophische
Credo selbst in Betracht. Alle Entfremdung von der Natur,
sahen wir, mißbilligt er. Das geht aber nicht ganz ohne
Widersprüche ab. Z. B. das παράδοξον erscheint ihm einmal als
παρηλλαγμένη φύσις (460 a 37; vgl. ταΐς ίδέαις έξηλλαγμένα ζώα
bei Diodor 2, 52, 1), und trotzdem ist ihm die Natur selber, wohl
eben weil sie -θεία ist, auch wieder der Mutterschoß alles Wunder-
baren, ή πάντα τά παράδοξα γεννώσα φύσί,ς. το δε των άνθρώπων
γένος άδυνατεΐ τω νώ συνιδεΐν, wie sehr unepikureisch und fromm-
entsagend hinzugefügt wird (Diodor 3, 31, 2; der Passus über-
gangen bei Photius 454 a 1).
Dies führt uns auf seine gleichfalls von uns schon berührte
(S. 14 ff. und 18) erkenntnistheoretische Haltung überhaupt.
Auch sie mischt sich sonderbar aus widerspruchsvollen Elementen.
Zunächst scheint er mit seinem Bestehen auf der ένάργεια, mit
seiner Abneigung gegen Wunderberichte und seiner Zurückhal-
tung gegen unerweisliche Hypothesen der φυσιολόγοι, συλλο-
γιζόμενοι (Diodor 2, 52, 6; vgl. auch 3, 51, 1 und Phot. 460 a 14ff.)
ganz aufzugehen in peripatetischem Realismus und in der skepti-
schen Stimmung der zeitgenössischen Wissenschaft. Leicht gehen
ihm Berichte über παράδοξα zu weit; vgl. die Stelle über sprechende
Tiere 456 a 9ff. und Diodor 3, 35, 10, wo er von ένιοι των ψευδως
παραδοξολογουμένων redet und hinzufügt: ημάς μέν ού πείθουσιν.
Ähnlich über die Berichte von den Riesenschlangen 456a 15ff., wo
Diodor 3, 36, 1 die Worte hat: δικ'αίως άν ούχ ύφ’ ήμών μόνον,
άλλα καί ύπό των άλλων άπάντων ψευδολογεΐν ύποληφθείησαν.
Anderswo (451 a 5, Diodor 3, 20) spricht er von einem παραδοξό-
τερον καί εις λογικήν καταχώρησα!, πίστιν ού ράδιον, oder
es sind ihm (460 a 29) die Angaben der Landesbewohner ein πλάσμα
μυθώδες, dem sie πίστιν ευήθη περιτιθέναι ζητοΰσιν. Vgl. auch
die Abfertigung der alten Logographen bei Diod. 1, 37, 3: οί μέν
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Mitleid mit den Toten ein έλεος έκ δόξης heißt). In dieser
starken Betonung des κατά φύσιν (wobei der ichthyophagische
Naturzustand geradezu mit den Farben des goldenen Zeitalters
ausgemalt wird, ebd. 11 ff.) und der vis clivina in der Natur
spüren wir wohl wieder, bei aller pythagoreisch-platonischer
Religiosität des Agatharchides, den Einfluß des Straton; vgl.
Cicero deor. nat. 1, 35 und Diels, Über das physik. System
des Straton, Sitzber. Berl. Akad. 189, 16. Doch kommt auch
die von uns schon S. 21 und 57 erwähnte allgemeine Zeit-
stimmung sehr stark und wohl mehr noch als das philosophische
Credo selbst in Betracht. Alle Entfremdung von der Natur,
sahen wir, mißbilligt er. Das geht aber nicht ganz ohne
Widersprüche ab. Z. B. das παράδοξον erscheint ihm einmal als
παρηλλαγμένη φύσις (460 a 37; vgl. ταΐς ίδέαις έξηλλαγμένα ζώα
bei Diodor 2, 52, 1), und trotzdem ist ihm die Natur selber, wohl
eben weil sie -θεία ist, auch wieder der Mutterschoß alles Wunder-
baren, ή πάντα τά παράδοξα γεννώσα φύσί,ς. το δε των άνθρώπων
γένος άδυνατεΐ τω νώ συνιδεΐν, wie sehr unepikureisch und fromm-
entsagend hinzugefügt wird (Diodor 3, 31, 2; der Passus über-
gangen bei Photius 454 a 1).
Dies führt uns auf seine gleichfalls von uns schon berührte
(S. 14 ff. und 18) erkenntnistheoretische Haltung überhaupt.
Auch sie mischt sich sonderbar aus widerspruchsvollen Elementen.
Zunächst scheint er mit seinem Bestehen auf der ένάργεια, mit
seiner Abneigung gegen Wunderberichte und seiner Zurückhal-
tung gegen unerweisliche Hypothesen der φυσιολόγοι, συλλο-
γιζόμενοι (Diodor 2, 52, 6; vgl. auch 3, 51, 1 und Phot. 460 a 14ff.)
ganz aufzugehen in peripatetischem Realismus und in der skepti-
schen Stimmung der zeitgenössischen Wissenschaft. Leicht gehen
ihm Berichte über παράδοξα zu weit; vgl. die Stelle über sprechende
Tiere 456 a 9ff. und Diodor 3, 35, 10, wo er von ένιοι των ψευδως
παραδοξολογουμένων redet und hinzufügt: ημάς μέν ού πείθουσιν.
Ähnlich über die Berichte von den Riesenschlangen 456a 15ff., wo
Diodor 3, 36, 1 die Worte hat: δικ'αίως άν ούχ ύφ’ ήμών μόνον,
άλλα καί ύπό των άλλων άπάντων ψευδολογεΐν ύποληφθείησαν.
Anderswo (451 a 5, Diodor 3, 20) spricht er von einem παραδοξό-
τερον καί εις λογικήν καταχώρησα!, πίστιν ού ράδιον, oder
es sind ihm (460 a 29) die Angaben der Landesbewohner ein πλάσμα
μυθώδες, dem sie πίστιν ευήθη περιτιθέναι ζητοΰσιν. Vgl. auch
die Abfertigung der alten Logographen bei Diod. 1, 37, 3: οί μέν