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Ehrismann, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 8. Abhandlung): Studien über Rudolf von Ems: Beiträge zur Geschichte d. Rhetorik u. Ethik im Mittelalter — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37685#0040
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40

Gustav Ehrismann:

1, lff. [X, 1, 48], wo die Mittel zur Captatio benevolentiae, zum
attentum et docilem facere, empfohlen werden; Augustinus De
doctrina Christ. IV, 2; Isidor, Etymol. II, 7; Alcuin De Rhe-
torica (Migne 101, 929f.); Itrabanus Maurus De clericorum instit..
III, 19. 28 (Migne 107, 396D.406C); Notker §10 (Piper 1, 650);
Hugo Parisiensis (Migne 176, 880C); Conradus Hirs. S. 24. 57. 76.
Die Mittel zum Erwirken der drei Anforderungen werden von
Cicero De inventione I, 16 und darnach von Alcuin (Sp. 930)
angegeben, von denen hier aber nur die für die mhd. Prologe in
Betracht kommenden genannt werden sollen. Zur Captatio bene-
volentiae soll der Redner betreffs seiner eigenen Person demütige
Bitten Vorbringen: Benivolentia . . . comparatur ... ab nostra [per-
sona] . . . si prece et obsecratione humili ac supplici utemur. Was
die Hörer betrifft, so soll ihr Verhalten, falls es tüchtig ist, ohne
Schmeicheln gelobt werden. Die Erregung der Aufmerksamkeit
wird erzielt, wenn man das im Text Dargestellte als etwas Großes,
Neues, noch nie Dagewesenes, Unglaubliches ankündigt (magna,
nova, incredibilia), das sich . . . auf ausgezeichnete Männer beziehe
(ad aliquos illustres homines pertinere), und dazu verspricht, den
Vortrag kurz zu halten. Die Belehrung geschieht durch einen
summarischen Hinweis auf den Inhalt.
Der Redner — und ebenso der Dichter —, der die Gunst der
Hörer gewinnen will, hat notwendiger Weise mit ihrem Urteil zu
rechnen. Ein immer wiederkehrender Punkt in den mittelhoch-
deutschen Prologen ist darum die Stellungnahme zur Kritik1. Das
Publikum teilt sich darnach in wohlwollende und übelwollende
Hörer. Der antike Rhetor ist ja wesentlich von den Richtern und
Zuhörern abhängig, darum auch die Empfehlung, die Rede dem-
entsprechend eirizüriehten, z. B. Cicero, De oratore I, Kap. 25;
Quintilian X, 1, 16ff.; für die christliche Beredsamkeit vgl. Augu-
stinus, De doctrina Christ. IV, 26, 31, De catechiz. rudibus, Kap. 10.
13; Hrabanus Maurus, De cleric. inst. III, 30. 35. Für die christ-
liche Predigt gilt dann als eine Hauptregel, den Inhalt und die
Vortragsweise der Bildung und dem Stande der Hörer anzupassen,
z. B. Augustinus, De catechiz. rudibus, Kap. 15. 16; Hrabanus
Maurus, De cleric. inst., Kap. 37. Diesem Zweck entspricht die
Gattung der Sermones ad Status oder ad omne hominum genus2.
1 Ehrismann, Ztschr. f. d. A. 49, 417—421; Richard Ritter S. 49ff.
2 Lecoy de la Marche, S. 206ff. 276-—-279. Im besonderen sei hier
verwiesen auf Alanus’ Summa de arte praed. Kap. 39—-47 (Migne 210,
184—195).
 
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