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Ehrismann, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 8. Abhandlung): Studien über Rudolf von Ems: Beiträge zur Geschichte d. Rhetorik u. Ethik im Mittelalter — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37685#0047
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Studien über Rudolf von Ems.

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sich seiner guten Handlungen nicht rühmen), Schlagwort ruom,
dazwischen Weiterführung von guot; III. 25—36 (Lehre aus I
und II: er sol daz rüemen läzen sin), das Schlagwort guot herrscht
weiter. Diese allgemeine Morallehre ist zugleich die Idee des
Gedichtes. — Der zweite Teil, B, 37—76 (mit etwa der doppelten
Verszahl von A), der spezielle Fall, bildet die Anwendung auf das
Gedicht selbst. B ist die summarische Inhaltsangabe mit Intentio
(Ideengehalt) 42—49, Materia (Stoff) 50^76 und durchgehender
Causa finalis (Zweck). Die Intentio und Materia sind ausgeprägt
durch die Schlagwörter raora, fop, prts (die Materia ist eben die
zur Erscheinung gewordene Intentio, die symbolisierende Ein-
kleidung, darum gelten für beide die gleichen Schlagwörter), die
Causa finalis durch lere.
Die ganze Einleitung hat ausgesprochen ethischen Charakter,
das Persönliche tritt ganz zurück, nur als Vermittler der Erzählung
und als Lehrer tritt der Dichter mit seinem Ich auf 42—55. Da-
gegen sind die üblichen Prologteile in den Epilog 6809—6928
verlegt, dessen Inhalt ist: I. Vorgeschichte des Buches und Ver-
anlasser 6809—6838; Zweck (Gunst der werden Hute) 6839—6852;
an die Kritiker, mit Entschuldigung der unkunst, 6853—6880;
Moral des Gedichtes (intentio) 6881—6909. Schluß: Bitte an die
Leser um Segenswunsch; Zweck: ze kurzwile 6910—6920; Ver-
sprechen der Besserung für etwaige Mißgriffe im Gedicht 6921
bis 6928. Gegen das Ende ist die Form gehoben durch Reihen
gleicher Reime: 6909—6912 (zwei Paare), 6921—6928 (vier Paare).
Die religiösen Prologe Rudolfs.
Die Prologe zum Barlaam und zur Weltchronik haben
religiösen Inhalt und sind nicht nach den Regeln der Rhetorik
gebaut, sondern es sind Preis- und Bittgebete an die Dreieinigkeit.
Augustinus schreibt in der Doctrina christ. IV, 30 vor, daß wer
vor dem Volke sprechen oder etwas abfassen will, das vorgetragen
oder gelesen werden solle, Gott bitten soll, daß er ihm eine
gute Rede auf die Zunge lege.
Für diese Eingänge sowie für das im ersten Teil des g. Gerhard
verwandte Gebet des Kaisers (300—484) hat Rudolf den Pro-
log von Wolframs Willehalm zum Vorbild genommen (zum
Inhalt vgl. auch das Religionsgespräch in Wolframs Wh. 215,
10 ff.)1. Dieser enthält einen Preis der Dreieinigkeit. Die Trinität

1 Ritter S. 19.
 
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