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Gustav Ehrismann:
torik sollen die Gattungen der Redeweise wechseln, nicht fort-
gesetzt soll sich der Redner oder Dichter auf hohem Kothurn
bewegen, nur an inhaltlich bedeutsamen Stellen ist die erhabene
Sprache am Platze. Auch Rudolf kennt diese Schulregel der
Rhetorik, das Wortspiel ist ihm nicht nur ein formaler, dekorativer
Schmuck des sinnfälligen Sprachbildes, sondern eine Stimmungs-
verstärkung des Inhalts. Er bringt also diese Künste prinzipiell
an ganz bestimmten Stellen an, an solchen die einen stärkeren
Interessewert haben. In den meisten Fällen werden wir mit
unserm modernen Empfinden die Gründe verstehen, weshalb
Rudolf das Hebungsmittel der Wiederholung gerade in den betref-
fenden Versen anwendet, um so leichter, da sich bei ihm eine
fast mechanische Regelung für die Anwendung des erhabenen
Stils erkennen läßt. Die reicher ausgeführte Wiederholung tritt
nämlich hauptsächlich da ein, wo starke Gefühlseindrücke geschil-
dert oder wichtige Lehren verkündigt werden, nicht in der fort-
schreitenden Handlung, in der Erzählung1; also in lyrischen
Partien, wenn die Stimmung von Freude und Leid ausgemalt,
die Schönheit der Frau, die Macht der Minne gepriesen werden
soll, oder in didaktischen, wenn wichtige Punkte des christlichen
Glaubens dargelegt werden, oder im Gebet.
Dem entsprechend sind beispielsweise im g. Gerhard
durchblühende Sprache und damit auch durch Wortwiederholung
folgende Stellen ausgezeichnet: 1. Stimmungsbilder: Das Elend
der Gefangenen 1551 — 1619 (Schlagwort klagen 1553. 61. 62.
67. 84. 1604. 5. 17. 18); Jammer der um Barmherzigkeit
flehenden Prinzessin 2293—2330 (süße Worte und phantasievolle
Bilder 2294—2310, Alliterationen, Schlagwörter weinen 2293. 2310.
14. 15. 19, herze 2299. 2300. 1, klagen 2301. 24. 30, schcene 2304.
6. 10, regen 2307. 9, diu guote 2318. 23, biten 2318. 20. 26. 28,
ernest \licK\ 2325. 27); Freude 2476—2498 (Schlagwort vreude,
vrceliche 2476. 77. 87. 89. 90. 91. 92. 94. 96. 97, dazu weinen 2480.
83). — 2. Lobpreisung der Schönheit der Frau 1648—1704 (wünsch)
1650. 51. 60. 70. 93, guot 1654. 55. 63. 1701, wtp 1655. 59. 62.
92. 97, vrouwe 1658. 64—69. 73. 77, süeze 1661. 79, schcene 1662.
67. 68. 69. 72. 73. 74. 75. 76. 77. 78. 80. 95, kroene 1668. 70. 78,
minneclich 1691. 1704, lieht 1685. 88 (süße Worte, Alliteration,
1 Die hier gemachte Einteilung geht von rein stilistischen, architektonisch-
räumlichen Grundsätzen aus, die Henrichs S. 250—254 von sprachlichen
Kategorien.
Gustav Ehrismann:
torik sollen die Gattungen der Redeweise wechseln, nicht fort-
gesetzt soll sich der Redner oder Dichter auf hohem Kothurn
bewegen, nur an inhaltlich bedeutsamen Stellen ist die erhabene
Sprache am Platze. Auch Rudolf kennt diese Schulregel der
Rhetorik, das Wortspiel ist ihm nicht nur ein formaler, dekorativer
Schmuck des sinnfälligen Sprachbildes, sondern eine Stimmungs-
verstärkung des Inhalts. Er bringt also diese Künste prinzipiell
an ganz bestimmten Stellen an, an solchen die einen stärkeren
Interessewert haben. In den meisten Fällen werden wir mit
unserm modernen Empfinden die Gründe verstehen, weshalb
Rudolf das Hebungsmittel der Wiederholung gerade in den betref-
fenden Versen anwendet, um so leichter, da sich bei ihm eine
fast mechanische Regelung für die Anwendung des erhabenen
Stils erkennen läßt. Die reicher ausgeführte Wiederholung tritt
nämlich hauptsächlich da ein, wo starke Gefühlseindrücke geschil-
dert oder wichtige Lehren verkündigt werden, nicht in der fort-
schreitenden Handlung, in der Erzählung1; also in lyrischen
Partien, wenn die Stimmung von Freude und Leid ausgemalt,
die Schönheit der Frau, die Macht der Minne gepriesen werden
soll, oder in didaktischen, wenn wichtige Punkte des christlichen
Glaubens dargelegt werden, oder im Gebet.
Dem entsprechend sind beispielsweise im g. Gerhard
durchblühende Sprache und damit auch durch Wortwiederholung
folgende Stellen ausgezeichnet: 1. Stimmungsbilder: Das Elend
der Gefangenen 1551 — 1619 (Schlagwort klagen 1553. 61. 62.
67. 84. 1604. 5. 17. 18); Jammer der um Barmherzigkeit
flehenden Prinzessin 2293—2330 (süße Worte und phantasievolle
Bilder 2294—2310, Alliterationen, Schlagwörter weinen 2293. 2310.
14. 15. 19, herze 2299. 2300. 1, klagen 2301. 24. 30, schcene 2304.
6. 10, regen 2307. 9, diu guote 2318. 23, biten 2318. 20. 26. 28,
ernest \licK\ 2325. 27); Freude 2476—2498 (Schlagwort vreude,
vrceliche 2476. 77. 87. 89. 90. 91. 92. 94. 96. 97, dazu weinen 2480.
83). — 2. Lobpreisung der Schönheit der Frau 1648—1704 (wünsch)
1650. 51. 60. 70. 93, guot 1654. 55. 63. 1701, wtp 1655. 59. 62.
92. 97, vrouwe 1658. 64—69. 73. 77, süeze 1661. 79, schcene 1662.
67. 68. 69. 72. 73. 74. 75. 76. 77. 78. 80. 95, kroene 1668. 70. 78,
minneclich 1691. 1704, lieht 1685. 88 (süße Worte, Alliteration,
1 Die hier gemachte Einteilung geht von rein stilistischen, architektonisch-
räumlichen Grundsätzen aus, die Henrichs S. 250—254 von sprachlichen
Kategorien.