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Ehrismann, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 8. Abhandlung): Studien über Rudolf von Ems: Beiträge zur Geschichte d. Rhetorik u. Ethik im Mittelalter — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37685#0061
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Studien über Rudolf von Ems.

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Vierreim); vgl. auch 2935—2966 (sselde, wünsch, leit, vreude). —
3. Reflexion über die Minne 3011—3048: minne 3013. 19. 21
(2mal), 22. 25. 26. 28. 33. 36. 39. 40. 43. 44, herze 3016. 18. 20. 48,
leben 3016. 18. 31, liep 3023. 27. 29. 30. 31. 32.38. 48. - Ganz über-
schwenglich mit den üppigsten Redeblumen verziert ist das
stärkste Virtuosenstück des Gedichtes, das Wiedersehen der beiden
Liebenden 4607—4809: hier kommt von 4605—4809 42 mal liep
(mit Ableitungen), lOmal minne, 17mal vreude, 11 mal (abge-
sehen von den zahlreichen Zusammensetzungen) herze vor, daran
anschließend die Liebessehnsucht 4823—4857 mit senen 24mal. —
4. Erhaben ist auch die Sprache in dem Gebet des Kaisers 300
bis 484, das bis 446 in einer Darlegung der christlichen Lehre
in der Gestalt einer Summa theologiae besteht. Die hauptsäch-
lichen Schlagwörter sind hier drivaltic und drt, kraft, lop, leben,
menschlich, menscheit, und in diesen Worten sind eben die Zentral-
gedanken des Inhalts markiert: die drei Kräfte der Trinität, der
Preis des Vaters, der lebenspendende Geist, der menschgewordene
Sohn. Ebenso tritt der Kernbegriff in der Bitte der um Er-
barmen flehenden Prinzessin, die Berufung auf die jungfräuliche
Mutter 2231—2262, die muoter maget, durch Wiederholung dieser
Worte scharf hervor.
In den vorhergehenden, reicher geschmückten Stellen lag ein
starker Gefühlswert, der Inhalt löste beim Dichter kräftigere
künstlerische Formen aus und diese erhöhen beim Leser oder
Hörer die Gefühlswirkung. Das Pathos der Worte und auch der
akustische Klang, der in der Wiederholung liegt, sind die Haupt-
mittel, um den ästhetischen Eindruck zu erzielen. Man kann diese
Art, die auf das poetische Gefühl, auf Erhebung des Gemüts, auf
Erweckung von Rührung oder Bewunderung berechnet ist, die
malende1 Wiederholung nennen. Einen andern psychologischen
Ursprung hat die verdeutlichende Wiederholung2: ein Wort
wird deshalb mehrfach wiedergegeben, weil der Begriff stark be-
tont und als wichtig bezeichnet werden soll, eine intellektuelle
Wirkung soll erzielt oder auf die Vorstellung und Anschauung
gewirkt werden, nicht auf das Gefühl. Das Wort guot (güete)
wird in bezug auf Gerhard 794—799 dreimal, 817—824 viermal
1 Vgl. dazu Behaghels Beobachtungen über die Wiederholung der
gleichen Vorstellungsreihe, a. a. O. bes. S. 558f. - Eine andere Art „malen-
der“ Wiederholung bespricht Behaghel S. 516 ff.
2 Vgl. Behaghel S. 556.
 
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