Vom doppelten Sinn der sprachlichen Formen.
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Andererseits besteht ein enger Zusammenhang zwischen dynamischer
Subjektsfunktion und ästhetischer Gestaltung des Erlebens.
Nehmen wir ein einfaches Sätzchen, das im Zusammenhang
einer Erzählung gedacht sein mag, wie Karl erhob sich. Bei lang-
samem, ausdrucksvollem Lesen verweilt die Stimme eine Zeitlang
auf dem Subjektswort, dessen Ton gegen Ende erwartungsvoll an-
steigt. Dann folgt eine kleine Pause, endlich, etwas rascher und
mit dem Ausdruck allmählich abklingenden Interesses gesprochen,
das Prädikat. — Hier wird nun zunächst das Subjekt in den Blick-
punkt gerückt, es wird dem Plörer oder Leser Gelegenheit gegeben,
nicht nur die thematische Einstellung zu vollziehen, sondern auch
die Anschauung, die er etwa mit dem Namen verbindet, lebendig
werden zu lassen; das heißt in diesem Falle nicht nur, ihr optisches
Bild zu aktualisieren, sondern sich in sie selbst und ihre Lage hin-
einzufinden. Das letztere Moment ist das, worauf es uns hier
ankommt. Die Nennung des Subjekt S ist gleichsam ein Imperativ:
denke dich nun in die Rolle des S hinein; stelle dir vor, du seist
S. Haben wir diesen Akt vollzogen, so finden wir uns zunächst
in der durch die Situation (in unserm Beispiel die einer Verhand-
lung oder Sitzung) gegebenen Stimmung und Haltung des Subjekts
vor. Mit dem Aussprechen des Prädikats erhob sich verlassen wir,
wenn wir anders in der R.olle des Subjekts leben, unsere bisherige
imaginierte Haltung und erleben die Handlung des Subjekts inner-
lich mit, erheben uns gleichsam selbst. (Beim ausdrucksvollen Vor-
lesen wird sich die Haltung des Lesenden unwillkürlich ein wenig-
straffen, zum mindesten wird ein leichtes Emporheben des Kopfes
andeuten, daß der Lesende die Handlung innerlich miterlebt; auch
beim stummen Lesen hören wir die Worte innerlich mit dem
charakteristischen Ton gesprochen, wie er sich aus diesen Begleit-
heAvegungen ergibt). So baut sich die Llancllung im Nacherleben
in eben jenen zAvei Stufen auf, in denen die Subjektsperson selbst
sie erlebte oder als erlebend gedacht wird: das SubjektsAvort re-
präsentiert den bisherigen Zustand, das nachfolgende Prädikat den
Übergang zu einem andern, neuen; so ergibt sich eine aus der im
ausgedrückten Erlebnis selbst statthabenden Sukzession geschöpfte
Motivation der Reihenfolge Subjekt — Prädikat.
Dieser Satztypus überträgt sich nun auf unbelebte Subjekte.
Die Wiese grünt, die Sonne scheint, der Wald steht schivarz und
schweiget-, deutlich vermögen Avir bei hinreichender Aufmerksamkeit
den ZAveistufigen Aufbau zu empfinden, in dem das Subjekt uns in
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Andererseits besteht ein enger Zusammenhang zwischen dynamischer
Subjektsfunktion und ästhetischer Gestaltung des Erlebens.
Nehmen wir ein einfaches Sätzchen, das im Zusammenhang
einer Erzählung gedacht sein mag, wie Karl erhob sich. Bei lang-
samem, ausdrucksvollem Lesen verweilt die Stimme eine Zeitlang
auf dem Subjektswort, dessen Ton gegen Ende erwartungsvoll an-
steigt. Dann folgt eine kleine Pause, endlich, etwas rascher und
mit dem Ausdruck allmählich abklingenden Interesses gesprochen,
das Prädikat. — Hier wird nun zunächst das Subjekt in den Blick-
punkt gerückt, es wird dem Plörer oder Leser Gelegenheit gegeben,
nicht nur die thematische Einstellung zu vollziehen, sondern auch
die Anschauung, die er etwa mit dem Namen verbindet, lebendig
werden zu lassen; das heißt in diesem Falle nicht nur, ihr optisches
Bild zu aktualisieren, sondern sich in sie selbst und ihre Lage hin-
einzufinden. Das letztere Moment ist das, worauf es uns hier
ankommt. Die Nennung des Subjekt S ist gleichsam ein Imperativ:
denke dich nun in die Rolle des S hinein; stelle dir vor, du seist
S. Haben wir diesen Akt vollzogen, so finden wir uns zunächst
in der durch die Situation (in unserm Beispiel die einer Verhand-
lung oder Sitzung) gegebenen Stimmung und Haltung des Subjekts
vor. Mit dem Aussprechen des Prädikats erhob sich verlassen wir,
wenn wir anders in der R.olle des Subjekts leben, unsere bisherige
imaginierte Haltung und erleben die Handlung des Subjekts inner-
lich mit, erheben uns gleichsam selbst. (Beim ausdrucksvollen Vor-
lesen wird sich die Haltung des Lesenden unwillkürlich ein wenig-
straffen, zum mindesten wird ein leichtes Emporheben des Kopfes
andeuten, daß der Lesende die Handlung innerlich miterlebt; auch
beim stummen Lesen hören wir die Worte innerlich mit dem
charakteristischen Ton gesprochen, wie er sich aus diesen Begleit-
heAvegungen ergibt). So baut sich die Llancllung im Nacherleben
in eben jenen zAvei Stufen auf, in denen die Subjektsperson selbst
sie erlebte oder als erlebend gedacht wird: das SubjektsAvort re-
präsentiert den bisherigen Zustand, das nachfolgende Prädikat den
Übergang zu einem andern, neuen; so ergibt sich eine aus der im
ausgedrückten Erlebnis selbst statthabenden Sukzession geschöpfte
Motivation der Reihenfolge Subjekt — Prädikat.
Dieser Satztypus überträgt sich nun auf unbelebte Subjekte.
Die Wiese grünt, die Sonne scheint, der Wald steht schivarz und
schweiget-, deutlich vermögen Avir bei hinreichender Aufmerksamkeit
den ZAveistufigen Aufbau zu empfinden, in dem das Subjekt uns in