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Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1920, 12. Abhandlung): Vom doppelten Sinn der sprachlichen Formen — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.37779#0024
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Hermann Ammann :

die Volksmenge, wir stehen gewissermaßen ausschauend auf den
Zehen, bis die Worte
und einen Bitter, hoch zu Boß,
gewahr ich aus dem Menschentroß
die Lösung bringen. Vom unbestimmten, verworrenen, aber das
Gefühl in hohem Maße fesselnden und erregenden Eindruck zur
sachlichen Deutung: das ist der Weg, den wir in engerem Rahmen
in der Wortstellung Verbum — Subjekt durchlaufen. Auch in ihr
drückt sich demnach ein allgemein gültiges Gestaltungsprinzip aus,
das wir vielleicht als das impressionistische bezeichnen dürfen, im
Gegensatz zum expressionistischen Motiv der Stellung Subjekt —
Verbum.

Schlußbetrachtung.
Dieser Hinweis möge genügen. Es kam mir darauf an, an
einem Beispiel zu zeigen, wie die grammatische Untersuchung den
beiden Grundmotiven alles sprachlichen Verkehrs, dem praktischen
und dem ästhetischen, deren Gegensatz wir durch die Termini
Mitteilen — Sichmitteilen gekennzeichnet hatten, gerecht werden
kann. Man wird vielleicht die Einwirkung des Theoretischen, des
Denkens und der Denkformen im engeren Sinne, stiefmütterlich
behandelt finden. Allein es ist meine Überzeugung, daß die in
der Sprache sich ausprägenden Denkformen von Hause aus nichts
anderes sind, als Gemenge praktischer Erleichterungen des Sich-
zurechtfmdens in der eigenen und fremden Vorstellungswelt mit
primitiv-ästhetischen Gestaltungsformen. Erst das wissenschaftliche
Denken sublimiert diese rohen und unreinen Formen zu brauch-
baren Hilfen der begrifflichen Bewältigung des Bewußtseinsinhalts.
Von Hause aus ist der Mensch — man denke nur an das Kind
— nicht ein sinnendes, grübelndes, abstrahierendes, sondern ein in
erster Linie begehrendes Wesen, in dessen Lebenshaushalt neben
den physischen Gelüsten und Abneigungen der Spieltrieb, als Ur-
anfang des künstlerischen Gestaltens, früher seine R.olle spielt, als
die Neugier, die Vorläuferin des Erkenntnisdranges. Der Ver-
gewaltigung der Grammatik durch die Zwangsfesseln der Logik
folgte nach einem psychologischen Durchgangsstadium eine Reaktion
in Richtung auf die Monopolisierung des Ästhetischen (Crooe,
Vossler). Heute gilt es nun zu zeigen, daß auch diese Auffassung,
so Wertvolles ihr zu verdanken ist, zur Einseitigkeit führt: daß die
 
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