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Bartholomae, Christian [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1920, 2. Abhandlung): Zur Kenntnis der mitteliranischen Mundarten, 3 — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.37769#0031
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Zur Kenntnis der mitteliranischen Mundarten. III.

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gewiß mit xvatay nicht der höchstgebietende Herr, der König, ge-
meint, wohl aber ein hochgebietender, der Chef eines Verwaltungs-
gebiets oder dgl, ein xvatayik (S. 20, Z. 7), der'ja auch schon gegen-
über seinen Untergebenen hinlängliche Machtbefugnis besaß.
Die Bedeutung aber, die diesem im öffentlichen Leben zukam,
dieselbe nahm im Familienkreis der Hausvater, Hausherr, pater
familias ein, der Inhaber der Familiengewalt über alle Familien-
angehörigen, insbesondere über die Sklaven, denen gegenüber er
ebenso *xuatäu X *xuatäi 'auiOKpaTwp’ war wie ein König gegen-
über seinen Untertanen. Da nun das Wort Hausherr insbeson-
dere durch die Verbindung *katak xuat° (s. § 25) zum Ausdruck
kam, und da darin auch die Bedeutung 'Hauseigentümer’ ein-
geschlossen war, so konnte endlich *xuat° im Sinn von 'Eigen-
tümer’ gelegentlich auch mit einem andern Begriff in Beziehung
gesetzt werden. So bekam das Wort im Lauf der Zeit neben der
staatsrechtlichpolitischen Bedeutung auch 1) eine soziale, auf die
gesellschaftliche Abstufung bezügliche, und 2) eine zivil-, insbeson-
dere familienrechtliche. Ich halte es nicht für unwahrscheinlich,
daß die Bedeutungsverschiebung des Worts *xuatau X *xucitäi aus-
gegangen ist von dessen Verwendung zu ehrerbietiger Anrede
(eines in irgendwelchem Abhängigkeitsverhäitnis Stehenden an
seinen Vorgesetzten, den Chef, den Hausherrn, usw.), also ebenso
wie die von bay, s. § 6 a. Aus der üblichen Anrede entwickelt sich
leicht ein fester Titel.
24. Ein soghdischer Beleg für den sozialen Gebrauch des Worts
— und zwar aus frühester Zeit — ist bereits oben § 6c aufgezeigt
worden. Die Stelle, soweit sie hier in Betracht kommt, lautet:
pist 'can xepab ivandak . . . (Name) o ivaj0 xvatäv , . . 'epistola ab
ipsius servo X. ad divum dominum Y.5 Der Beleg spielt zugleich
in den zivilrechtlichen Gebrauch hinüber, insofern der untergebene
Beamte, der Briefschreiber, sich als den ivandak (= np. banda)
'Sklaven’ seines Vorgesetzten, des Briefempfängers, bezeichnet,
der selber xvatäv genannt wird.1)- — Drei persische Belege für 1)
bietet das Kärnämak. Kn. 149 ist von der gebührenden Bestrafung
die Rede, von der die frciman i xvatay spözkaran 'die Verächter
des Befehls des Herrn’ getroffen werden. Allerdings ist der Herr
p Das Ganze ist ein edles Beispiel kanzieizeremonialen Ergebenbeitsstils,
der ja in Iran nach den PahlT. 132 ff. gegebenen Proben an Schwülstigkeit
nichts zu wünschen ließ.
 
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