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Brie, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1920, 3. Abhandlung): Exotismus der Sinne: eine Studie zur Psychologie der Romantik — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.37770#0077
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ExotismUs der Sinne.

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Körperliches einzeichnen können, in diesem Falle die Linien der
Hände einer Hetäre oder eines Mörders.146 Auf diese Weise findet
Pater in dem Meisterwerke Leonardos, der Mona Lisa, die Quint-
essenz aller jener Kulturen vereinigt, welche die Exotisten zu
verherrlichen pflegen, den Animalismus Griechenlands, die
Leidenschaft Roms, die Wiedererweckung des Heidentums in der
Renaissance, die Sünden der Borgia, dazu noch als Paters eigene
Zutat die Mystik des Mittelalters; mit der Welt des Orients end-
lich ist sie dadurch verbunden, daß sie um seltsame Gewebe mit
Kaufleuten des Orients gehandelt hat, mit der Antike noch einmal
dadurch, daß sie Leda, die Mutter der Helena, gewesen ist. Das
alles ist derselbe Gedanke, den er schon in seinem Aufsatz über
Aesthetic Poetry (1868) dahin formuliert hatte: the composite
experience of all the ages is part of each one of iis. Es< ist derselbe
Gedanke, der so vielen Exotisten kommt aus dem1 Gefühl heraus,
daß sie in ihre Zeit nicht hineinpassen und demgemäß auch nicht
ein Kind ihrer Zeit sein können.147

146 Vgl. den Aufsatz von Fehr: Walter Paters Beschreibung der Mona
Lisa usw. Archiv f. n. Spr. 135 (1916).
147 So heißt es von D’Albert, dem Helden in Gautiers Mademoiselle de
Maupin, daß er in seinem jugendlichen Körper eine Seele trägt, die älter ist
als Saturn. Über Flaubert vgl. oben S. 55. Schon der Held von Flauberts
Novembre äußert: „Wenn ich die Jahre zähle, so sehe ich wohl, daß ich noch
nicht alt bin, aber ich habe zahllose Erinnerungen, deren Gewicht ich auf mir
fühle, wie die Greise die Last all der Tage fühlen, die sie gelebt haben. Ziv
weilen scheint es mir, als sei ich seit Jahrhunderten da, imd als schlösse mein
Wesen die Überreste von TäuS'enden vergangener Existenzen ein.“ Ähnliche
Gedanken finden sich auch bei Deconte de Lisle und anderen. Sehr nahe an
Pater heran kommt eine Stelle in einem Gedicht von Ernest Prarond vom
Jahre 1842 (vgl. CREPET, Baudelaire, S. 220):
Elle eüt enivre Loth au fond d’une caveme,
Tenu comme Judith le sabre d’Hokopheme
Et frappe du marteau le front de Sisara.
Vgl. ferner eine Stelle in Flauberts Versuchung des heil. Antonius (vgl. FEHR,
a. a. 0., S. 87) oder das Gedicht Reminiscences von Cazalis (in Heu res
sombres), endlich auch die folgenden Worte der Rosamond im 1. Akt von
Swinbumes gleichnamigem Drama (1860):
Yea, I am found the woman in all tales,
The face caught always in the story’s face;
I Helen, holding Paris by the lips,
Smote Hector through the head; I Cressida
 
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