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E. Frh. y. Künssberg:
Grenzen des Symbolischen, Scherzhaften eingehalten wurden.
Jedenfalls spricht die älteste Stelle, die Lex Ribuaria1 schon von
der alapa, der Ohrfeige, und von dem auriculas torquere. ,,67 quis
§ 19. villam aut vineam vel quamlibet possessiunculam ab alio conparaverit,
et testamentum accipere non potuerit, si mediocres res est, cum. 6 testi-
bus, et si parva cum tres, quod si magna, cum 12 ad locum tradiciones
cum totidem numero pueros accedat, et sic eis praesentibus praedium
tradat et possessionem accipiat et unicuique de parvolis cdapes donet
et torquat auriculas, ut ei in postmodum testimonium praebeant.“
Auriculas torquere ist gewiß empfindlicher gewesen als das
einfache trahere. Die Ohrfeige wird nun als „Gedenkzettel“,
„Dachtel“ ganz geläufig und zwar vor allem beim Grenzbegang2;
auch in der Lex Ribuaria werden gelegentlich der Grundstück-
veräußerung3 die Grenzen gezeigt und wohl auch umschritten
worden sein, gehörte doch das Umwandeln4 der Grenze zu den
1 LRib. 60.
2 Außer den in S. 16 Anm. 3 erwähnten Stellen vgl. Stobbe in ZRG. 13
(1878), 235, Anm. 66. Th. Knapp, Neue Beiträge zur Rechts- und Wirtschafts-
geschichte des württembergischen Bauernstandes II, 160 (Ohrfeige, Kopf-
streich). J. F. Eberhard, Von den Rügegerichten an der Lahn, 1768, S. 44
(Denkzettel). A. Harou, Comrnent on apprend aux enfants a reconnaitre la
Kontiere (in Luxemburg). Revue des traditions populaires 20, 384. Hardt,
Luxemburger Weistümer, p. 44. Blumer, Rechtsgesch. d. schweizerischen
Demokratien 1, 190. G. L. v. Maurer, Einleitung zur Gesch. d. Mark -usw.
Verfassung2, 1896, S. 224ff.
3 Eine Urkunde vom Jahre 1034 bringt du Gange I, 158: huic rei inter-
fuerunt Goscelinus Rujus de Formovilla, Hunfridus constructor loci cum jiliis
suis Rogerio, Roberto, Willelmo, qui etiam a patre ob causam memorie cölaphum
suscepit. Suscepit etiam aliud cölaphum Ricandus de Lillabona, qui hosam
vini comitis Roberti jerebat: qui cum requireret, cur sibi Hunfridus permaximum
cölaphum dedisset, respondit, quia tu junior me es, et forte multe vives tempore,
erisque testis huius rationis, cum res poposcerit. Suscepit etiam tertium cölaphum
Hugo filius Walerami comitis.
In ganz ähnlicher Art berichten fast 800 Jahre später schlesische
Akten von 1819 über den Austausch eines Busches und eines Ackerstückes:
,, übrigens muß noch bemerkt werden, daß unter jedem Grenzstein die nötigen
Grenzzeichen an Ziegelstücke und Glas gelegt wurden, sowie man auch den 15 jäh-
rigen Sohn des Freihäuslers und Gerichtsmann Arlts, mit Namen Karl Friedrich,
zur Anlegung der Grenzsteine herbeigerujt und demselben zu lebhafter Erinnerung
daran ein paar Rackenstreiche gegeben hatte“. Schoenaich, Schlesische Grenz-
altertümer, ZSchles. 38 (1904), 374.
4 Knuchel, Die Umwandlung in Kult, Magie und Rechtsbrauch, 1919
(Schriften der schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde 15). Sehr aus-
führliche Bestimmungen über den Grenzbegang bei Grundstückveräußerung
E. Frh. y. Künssberg:
Grenzen des Symbolischen, Scherzhaften eingehalten wurden.
Jedenfalls spricht die älteste Stelle, die Lex Ribuaria1 schon von
der alapa, der Ohrfeige, und von dem auriculas torquere. ,,67 quis
§ 19. villam aut vineam vel quamlibet possessiunculam ab alio conparaverit,
et testamentum accipere non potuerit, si mediocres res est, cum. 6 testi-
bus, et si parva cum tres, quod si magna, cum 12 ad locum tradiciones
cum totidem numero pueros accedat, et sic eis praesentibus praedium
tradat et possessionem accipiat et unicuique de parvolis cdapes donet
et torquat auriculas, ut ei in postmodum testimonium praebeant.“
Auriculas torquere ist gewiß empfindlicher gewesen als das
einfache trahere. Die Ohrfeige wird nun als „Gedenkzettel“,
„Dachtel“ ganz geläufig und zwar vor allem beim Grenzbegang2;
auch in der Lex Ribuaria werden gelegentlich der Grundstück-
veräußerung3 die Grenzen gezeigt und wohl auch umschritten
worden sein, gehörte doch das Umwandeln4 der Grenze zu den
1 LRib. 60.
2 Außer den in S. 16 Anm. 3 erwähnten Stellen vgl. Stobbe in ZRG. 13
(1878), 235, Anm. 66. Th. Knapp, Neue Beiträge zur Rechts- und Wirtschafts-
geschichte des württembergischen Bauernstandes II, 160 (Ohrfeige, Kopf-
streich). J. F. Eberhard, Von den Rügegerichten an der Lahn, 1768, S. 44
(Denkzettel). A. Harou, Comrnent on apprend aux enfants a reconnaitre la
Kontiere (in Luxemburg). Revue des traditions populaires 20, 384. Hardt,
Luxemburger Weistümer, p. 44. Blumer, Rechtsgesch. d. schweizerischen
Demokratien 1, 190. G. L. v. Maurer, Einleitung zur Gesch. d. Mark -usw.
Verfassung2, 1896, S. 224ff.
3 Eine Urkunde vom Jahre 1034 bringt du Gange I, 158: huic rei inter-
fuerunt Goscelinus Rujus de Formovilla, Hunfridus constructor loci cum jiliis
suis Rogerio, Roberto, Willelmo, qui etiam a patre ob causam memorie cölaphum
suscepit. Suscepit etiam aliud cölaphum Ricandus de Lillabona, qui hosam
vini comitis Roberti jerebat: qui cum requireret, cur sibi Hunfridus permaximum
cölaphum dedisset, respondit, quia tu junior me es, et forte multe vives tempore,
erisque testis huius rationis, cum res poposcerit. Suscepit etiam tertium cölaphum
Hugo filius Walerami comitis.
In ganz ähnlicher Art berichten fast 800 Jahre später schlesische
Akten von 1819 über den Austausch eines Busches und eines Ackerstückes:
,, übrigens muß noch bemerkt werden, daß unter jedem Grenzstein die nötigen
Grenzzeichen an Ziegelstücke und Glas gelegt wurden, sowie man auch den 15 jäh-
rigen Sohn des Freihäuslers und Gerichtsmann Arlts, mit Namen Karl Friedrich,
zur Anlegung der Grenzsteine herbeigerujt und demselben zu lebhafter Erinnerung
daran ein paar Rackenstreiche gegeben hatte“. Schoenaich, Schlesische Grenz-
altertümer, ZSchles. 38 (1904), 374.
4 Knuchel, Die Umwandlung in Kult, Magie und Rechtsbrauch, 1919
(Schriften der schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde 15). Sehr aus-
führliche Bestimmungen über den Grenzbegang bei Grundstückveräußerung