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E. Feh. y. Künssberg:
berichtet, daß er bei einer Grenzregelung zwei Wagen mit Brot
nachfahren ließ und das Brot unter die jungen Leute warf. ,,Sage
das einer dem andern und seinen Kindern, dass König Ludwig heute
Kundschaft gegangen hat zwischen Bayern und Schwaben; was der
Lech herüber legt gen Bayern, das soll Bayern gehören, und was er
gen Schwaben legt, soll Schwaben gehören“. Als das Brot zu Ende
ging nahm er einen Eisenhut, füllte ihn mit Pfennigen und warf
sie unter das Volk zu ewigem Gedächtnis1.
33. Obst wird den Kindern wohl die liebste „Zeugengebühr“ ge-
wesen sein, den Kleinen sicher lieber als Geld2; ja man kann viel-
leicht die Vermutung aussprechen, daß diese Rechtsquellen, in
denen von Obstspenden die Rede ist, die kleineren Kinder meinen,
während dann an größere Jugend gedacht ist, wenn eine Münz-
spende vorkommt. Wird ja doch die strafrechtliche Zurechnungs-
fähigkeit eines Kindes unter sieben Jahren nach dem Märchen
„Wie die Kinder Schlachtens miteinander gespielt haben“, in der
Weise geprüft, daß ihm ein Apfel und ein Gulden vorgehalten
werden; greift es nach dem Apfel, so wird ihm die Tat nicht
zugerechnet, es heißt ein Apfelkind (dän. äblebarn)3. Die Wahl
zwischen Apfel und Münze findet sich schon bei einem griechischen
Redner Hyperides4.
Kinderfreundlich ist die Ordnung des Wetterauer Wasser-
gerichtes5: „die herrschaft dieses Wetteraugischen bezircks sollen billig
alle zehn fahr oder wann sie ihre grenze besuchen und umgehen, wo
dan ein pfähl geschlagen, denselben zum gedächtnis der gegenwärtigen
fugend zeigen und weisen. Auch sollin hauptmann und richter: wan
sie in ihrem amt sein, von schillern ein psalmen oder gute lieder
singen lassen, oder da keine Schiller und sonst kinder bey einander
sind, ein korb voll bim, kirschen oder äpfel, oder einem jeden einen
1 Grimm, Grenzaltertümer (Kl. Sehr. 2, 63f.). Auswurf von Nesteln,
Brezeln und Münzen: Zebler, Univ.-Lex. 9, 1375.
2 Ein kint den apfel minnet
Und naeme ein ei vür des riches lant
v. b. Hagen, Gesamtabenteuer 21, 54. Vgl. Zingerle, Das deutsche Kinder-
spiel im Mittelalter, S. 4.
3 Grimm, RA.4 I, 579.
4 Bolte-Polivka, Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der
Gebrüder Grimm I 203, wo weitere Literatur zur Apfelprobe. Auch die zu-
künftigen Neigungen des Kindes werden ähnlich erforscht. Meyer, Bad.
Volksleben 17.
5 Grimm, Weist. 3, 467. Vgl. ebd. 464 n.
E. Feh. y. Künssberg:
berichtet, daß er bei einer Grenzregelung zwei Wagen mit Brot
nachfahren ließ und das Brot unter die jungen Leute warf. ,,Sage
das einer dem andern und seinen Kindern, dass König Ludwig heute
Kundschaft gegangen hat zwischen Bayern und Schwaben; was der
Lech herüber legt gen Bayern, das soll Bayern gehören, und was er
gen Schwaben legt, soll Schwaben gehören“. Als das Brot zu Ende
ging nahm er einen Eisenhut, füllte ihn mit Pfennigen und warf
sie unter das Volk zu ewigem Gedächtnis1.
33. Obst wird den Kindern wohl die liebste „Zeugengebühr“ ge-
wesen sein, den Kleinen sicher lieber als Geld2; ja man kann viel-
leicht die Vermutung aussprechen, daß diese Rechtsquellen, in
denen von Obstspenden die Rede ist, die kleineren Kinder meinen,
während dann an größere Jugend gedacht ist, wenn eine Münz-
spende vorkommt. Wird ja doch die strafrechtliche Zurechnungs-
fähigkeit eines Kindes unter sieben Jahren nach dem Märchen
„Wie die Kinder Schlachtens miteinander gespielt haben“, in der
Weise geprüft, daß ihm ein Apfel und ein Gulden vorgehalten
werden; greift es nach dem Apfel, so wird ihm die Tat nicht
zugerechnet, es heißt ein Apfelkind (dän. äblebarn)3. Die Wahl
zwischen Apfel und Münze findet sich schon bei einem griechischen
Redner Hyperides4.
Kinderfreundlich ist die Ordnung des Wetterauer Wasser-
gerichtes5: „die herrschaft dieses Wetteraugischen bezircks sollen billig
alle zehn fahr oder wann sie ihre grenze besuchen und umgehen, wo
dan ein pfähl geschlagen, denselben zum gedächtnis der gegenwärtigen
fugend zeigen und weisen. Auch sollin hauptmann und richter: wan
sie in ihrem amt sein, von schillern ein psalmen oder gute lieder
singen lassen, oder da keine Schiller und sonst kinder bey einander
sind, ein korb voll bim, kirschen oder äpfel, oder einem jeden einen
1 Grimm, Grenzaltertümer (Kl. Sehr. 2, 63f.). Auswurf von Nesteln,
Brezeln und Münzen: Zebler, Univ.-Lex. 9, 1375.
2 Ein kint den apfel minnet
Und naeme ein ei vür des riches lant
v. b. Hagen, Gesamtabenteuer 21, 54. Vgl. Zingerle, Das deutsche Kinder-
spiel im Mittelalter, S. 4.
3 Grimm, RA.4 I, 579.
4 Bolte-Polivka, Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der
Gebrüder Grimm I 203, wo weitere Literatur zur Apfelprobe. Auch die zu-
künftigen Neigungen des Kindes werden ähnlich erforscht. Meyer, Bad.
Volksleben 17.
5 Grimm, Weist. 3, 467. Vgl. ebd. 464 n.