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Künßberg, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1920, 7. Abhandlung): Rechtsbrauch und Kinderspiel: Untersuchungen zur deutschen Rechtsgeschichte und Volkskunde — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.37774#0029
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Rechtsbrauch und Kinderspiel.

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erhalten; mit Vorliebe werden beim Ziehen von Losen kleine
Knaben verwendet1. Neben der Unschuld wird wohl auch die
Unparteilichkeit der Kinder geschätzt und hervorgehoben, so heißt
es in einem Tiroler Weistum2: so soll zu umgehung allen verdachtes,
betrug und vortels um aussnembung der gemachten looss am unpar-
teiischer., ungefehr zöchen]ähriger knab genamben werden.
Als besonders unparteiisch und unschuldig gilt der Waisen-
knabe, das Findelkind; um die Unparteilichkeit und Unschuld
noch zu unterstreichen, sie auch äußerlich sichtbar zu machen,
griff man zu naiver Symbolik. Die Waisenknaben wurden als
Engel verkleidet und ihnen die Augen verbunden. Solch rührende
Aufmachung hatte vielleicht auch den Nebenzweck, den glück-
lichen Gewinner zu einer besonderen Spende an die glückbringende
Unschuld zu veranlassen3. Unschuldige Kinderhände vermögen die
Schätze der Tiefe zu heben4, sie vermögen Diebe und verlorene
Sachen zu entdecken5.
Die Zauberkraft der kultischen Reinheit der Kinder soll auch §
bei den Grenzbegehungen wirksam werden. Um die Dämonen zu
vertreiben, laufen Knaben um die Felder6. Das religiöse Moment
der Umwandlung und nicht das rechtliche der Zeugenziehung ist
1 Z. B. 1472 beim Glückstopf SchweizJd. II, 1071. — Auf einem Bild
von einer Nürnberger Lotterie von 1715 sieht man zwei Findelknaben, die
Glücksnummern ziehen. Deutsches Leben der Vergangenheit in Bildern 450,
Abb. 1452, ebd. S. 441 ein Augsburger Bild von 1727. — F. Endemann, Bei-
träge zur Geschichte der Lotterie, 1882, S.111. Home yer, Losstäbchen (Sym-
bolae Bethmanno Hollwegio oblata, 1868), 71.
2 Österr.W IV, 146. Auf A'ergleichsstellen aus den aragonischen Ländern
hat mich Prof. Leopold Perels hingewiesen. Aureum opus regalium . . regni
Valentiae 1515 folio CLXXXI v° —CLXXXII v°. c. IX. Da geschieht das
Losziehen bei der electio consulis u. a. Ämter manu cuiusdam infantis (1418).
- Ebenso 1498 in Barcelona durch einen Knaben im Alter von zehn Jahren
oder weniger. Dietari del antich Conseil barcelonl III (Barcelona 1894),
S. 153.
3 In Frankfurt a. M. wurde aus derartigen Spenden eine Reisekasse des
Waisenhauses gebildet. Mina Büttel, Die Armenpflege zu Frankfurt a. M.
Diss. Heidelberg 1913, S. 93.
4 Grimm, Mythologie4 II, 811.
5 Fehrle, Kultische Keuschheit, 59.
6 Knuchel, Umwandlung in Kult, Magie und Rechtsbrauch, 1919,
S. 75 und die dort zitierten. Grimm, Mythologie4, 511 ff.
Mannhardt, Wald- und Feldkulte I, 554ff.; II, 261 ff.
 
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