VI
Karl Obser:
bekannt mit der engeren Heimat. Reisen ins Ausland, die nach
Oberitalien und den Niederlanden führen, bringen willkommene
weitere Anregung und knüpfen manche persönliche Beziehungen.
Bei den Schwetzinger Bundesmanövern tritt zum ersten Male die
Gestalt des Prinzen von Preußen, seines künftigen Schwieger-
vaters, in den Gesichtskreis des Knaben. In der Schilderung all
des Erlebten und Geschauten verrät sich ein offener, empfänglicher
Sinn, erkennt man unschwer, wenn etwa von dem Bergwerks-
betrieb, von der Industrie St. Blasiens und des Wiesentals, von
Rebbau oder von Pferdezucht die Rede ist, frühzeitig erwachende
Interessen, die vom Erzieher verständnisvoll gefördert werden.
Mit der Konfirmation hebt ein neuer Lebensabschnitt an. An
Stelle von Rinck übernimmt der frühere Staatsminister Groß-
hofmeister Frh. von Berckheim, ein kluger erfahrener Mann von
streng konservativer Anschauung, die Oberaufsicht über die weitere
Ausbildung, die planmäßig festgelegt wird und zu der die besten
Lehrkräfte herangezogen werden. Gleichzeitig beginnt nach erfolgter
Einkleidung der militärische Unterricht der Prinzen, denen in dem
Major von Hinkeldey ein charaktervoller, kundiger Begleiter bei-
gegeben wird.
Seiner Führung bleibt Prinz Friedrich auch anvertraut, als er
im Dezember 1842 mit dem eben erst volljährig gewordenen Bruder
nach Wien übersiedelt, wo beide vor Beginn der Universitäts-
studien in die große Welt eingeführt werden sollen. Persönliche
Sympathien und Verbindungen der Großherzogin Sophie und ver-
wandtschaftliche Beziehungen, die hinüberweisen1, geben bei der
Wahl des Ortes den Ausschlag; politische Erwägungen mögen dabei
mitgewirkt haben.
Für den Prinzen Friedrich wird dieser Wiener Aufenthalt ein
Erlebnis, das auch für seine künftige Entwicklung nicht zu unter-
schätzende Bedeutung gewinnt. Das bunte, frohbewegte Leben und
Treiben der Kaiserstadt mit all seinen Reizen und vielseitigen An-
regungen, seinem höfischen Prunk und rauschenden Festen zieht
den Ankömmling in seinen Bannkreis; bei dem freundlichen Emp-
fang, den er überall findet, und den natürlichen ungezwungenen
Formen des geselligen Umganges fühlt er sich bald heimisch. „Ich
kann Dir nicht sagen“, schreibt er der Schwester, „wie gern ich
1 Die Großherzogin und die Erzherzogin Sophie, Mutter des späteren
Kaisers Franz Joseph, waren Geschwisterkinder.
Karl Obser:
bekannt mit der engeren Heimat. Reisen ins Ausland, die nach
Oberitalien und den Niederlanden führen, bringen willkommene
weitere Anregung und knüpfen manche persönliche Beziehungen.
Bei den Schwetzinger Bundesmanövern tritt zum ersten Male die
Gestalt des Prinzen von Preußen, seines künftigen Schwieger-
vaters, in den Gesichtskreis des Knaben. In der Schilderung all
des Erlebten und Geschauten verrät sich ein offener, empfänglicher
Sinn, erkennt man unschwer, wenn etwa von dem Bergwerks-
betrieb, von der Industrie St. Blasiens und des Wiesentals, von
Rebbau oder von Pferdezucht die Rede ist, frühzeitig erwachende
Interessen, die vom Erzieher verständnisvoll gefördert werden.
Mit der Konfirmation hebt ein neuer Lebensabschnitt an. An
Stelle von Rinck übernimmt der frühere Staatsminister Groß-
hofmeister Frh. von Berckheim, ein kluger erfahrener Mann von
streng konservativer Anschauung, die Oberaufsicht über die weitere
Ausbildung, die planmäßig festgelegt wird und zu der die besten
Lehrkräfte herangezogen werden. Gleichzeitig beginnt nach erfolgter
Einkleidung der militärische Unterricht der Prinzen, denen in dem
Major von Hinkeldey ein charaktervoller, kundiger Begleiter bei-
gegeben wird.
Seiner Führung bleibt Prinz Friedrich auch anvertraut, als er
im Dezember 1842 mit dem eben erst volljährig gewordenen Bruder
nach Wien übersiedelt, wo beide vor Beginn der Universitäts-
studien in die große Welt eingeführt werden sollen. Persönliche
Sympathien und Verbindungen der Großherzogin Sophie und ver-
wandtschaftliche Beziehungen, die hinüberweisen1, geben bei der
Wahl des Ortes den Ausschlag; politische Erwägungen mögen dabei
mitgewirkt haben.
Für den Prinzen Friedrich wird dieser Wiener Aufenthalt ein
Erlebnis, das auch für seine künftige Entwicklung nicht zu unter-
schätzende Bedeutung gewinnt. Das bunte, frohbewegte Leben und
Treiben der Kaiserstadt mit all seinen Reizen und vielseitigen An-
regungen, seinem höfischen Prunk und rauschenden Festen zieht
den Ankömmling in seinen Bannkreis; bei dem freundlichen Emp-
fang, den er überall findet, und den natürlichen ungezwungenen
Formen des geselligen Umganges fühlt er sich bald heimisch. „Ich
kann Dir nicht sagen“, schreibt er der Schwester, „wie gern ich
1 Die Großherzogin und die Erzherzogin Sophie, Mutter des späteren
Kaisers Franz Joseph, waren Geschwisterkinder.