Jugenderinnerungen Großherzog Friedrichs I. von Baden.
V
kraft zu stärken, um das Richtige zu finden und das Ganze mit
dem Geiste ,,des Wissens zu durchdringen“. Mit Nachdruck wird
daher immer wieder die Forderung betont, daß der Zögling selbst
zu denken lerne, statt sich vordenken zu lassen1. Was den sprach-
lichen Unterricht angeht, wird der Hauptwert auf Deutsch, Fran-
zösisch und Englisch gelegt, beim Deutschen mit besonderer Berück-
sichtigung der alemannischen Mundart und der Volkspoesie. Dazu
tritt vom 11. Jahr ab Latein; Griechisch nur, soweit es zum Ver-
ständnis von Fachausdrücken nötig2. Schriftliche Übungen, „zeit-
raubend an sich, sind für Mund und Ohr fast unnütz“. Wichtig
dagegen ist Mathematik und Naturkunde und vor allem Kenntnis
der Geschichte, die „gerecht und parteilos“ vorzutragen ist.
Als Gespielen sollen nur die Tüchtigsten ohne Rücksicht auf die
Geburt ausgewählt werden.
Unter Rincks gewissenhafter Obhut, die Strenge mit Gerech-
tigkeit verbindet, nach diesen Grundsätzen erzogen, wächst Prinz
Friedrich heran, inmitten eines Hofhaltes von einfachem, fast bürger-
lichem Zuschnitt, umhegt von elterlicher Fürsorge, in traulichem
Verkehr vor allem mit den beiden älteren Geschwistern, der Prin-
zessin Alexandrine und seinem Bruder Ludwig, dem künftigen
Erben der Krone, an denen er mit zärtlicher Liebe hängt. In fest
geregelter Arbeit, die früh am Morgen schon einsetzt, vergehen die
ersten Lern- und Lehrjahre. Erholungsaufenthalte in Baden-
Baden, Schloß Eberstein und Favorite, in die auch das für die
badische Regierung peinliche Straßburger Abenteuer des Prinzen
Napoleon hineinspielt3, sowie Fahrten ins Ober- und Unterland
unterbrechen die Einförmigkeit des Hoflebens und machen ihn
1 Späterhin, in den 1850 anonym erschienenen „Briefen über Fürsten-
erziehung“ tritt Rinck bezeichnenderweise auch der Auffassung entgegen, als
müsse die militärische Bildung bei einem Fürsten vorherrschen, als sei der
Wehrstand der erste, und spricht sich, im Einklang mit den in England und
Frankreich herrschenden Anschauungen, für Unterordnung der militärischen
Erziehung unter die allgemeine aus. A. a. O.
2 Es fiel im Lehrplane ganz aus.
3 Ergänzend sei hier zu den Mitteilungen des Großherzogs S. 27 be-
merkt, daß diese auch durch die Erinnerung an die Schrift von Laity, Le
prince NapoPon ä Strasbourg, Relation historique des evenements du 30. Oc-
tobre 1836, beeinflußt sein mögen, wo zum Aufenthalt des Prinzen in Baden
im Juli 1836 berichtet wird: „Un soir apres une de ces fetes brillantes qu’offre
le sejour de Bade, il monte ä cheval, accompagne d’un ami, et franchit en quel-
ques heures la distance qui le separait de la France; il s’arrete un moment aux
bords du Rhin ... et ä la tornbee de la nuit il entre ä Strasbourg“. A. a. O. S. 35.
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kraft zu stärken, um das Richtige zu finden und das Ganze mit
dem Geiste ,,des Wissens zu durchdringen“. Mit Nachdruck wird
daher immer wieder die Forderung betont, daß der Zögling selbst
zu denken lerne, statt sich vordenken zu lassen1. Was den sprach-
lichen Unterricht angeht, wird der Hauptwert auf Deutsch, Fran-
zösisch und Englisch gelegt, beim Deutschen mit besonderer Berück-
sichtigung der alemannischen Mundart und der Volkspoesie. Dazu
tritt vom 11. Jahr ab Latein; Griechisch nur, soweit es zum Ver-
ständnis von Fachausdrücken nötig2. Schriftliche Übungen, „zeit-
raubend an sich, sind für Mund und Ohr fast unnütz“. Wichtig
dagegen ist Mathematik und Naturkunde und vor allem Kenntnis
der Geschichte, die „gerecht und parteilos“ vorzutragen ist.
Als Gespielen sollen nur die Tüchtigsten ohne Rücksicht auf die
Geburt ausgewählt werden.
Unter Rincks gewissenhafter Obhut, die Strenge mit Gerech-
tigkeit verbindet, nach diesen Grundsätzen erzogen, wächst Prinz
Friedrich heran, inmitten eines Hofhaltes von einfachem, fast bürger-
lichem Zuschnitt, umhegt von elterlicher Fürsorge, in traulichem
Verkehr vor allem mit den beiden älteren Geschwistern, der Prin-
zessin Alexandrine und seinem Bruder Ludwig, dem künftigen
Erben der Krone, an denen er mit zärtlicher Liebe hängt. In fest
geregelter Arbeit, die früh am Morgen schon einsetzt, vergehen die
ersten Lern- und Lehrjahre. Erholungsaufenthalte in Baden-
Baden, Schloß Eberstein und Favorite, in die auch das für die
badische Regierung peinliche Straßburger Abenteuer des Prinzen
Napoleon hineinspielt3, sowie Fahrten ins Ober- und Unterland
unterbrechen die Einförmigkeit des Hoflebens und machen ihn
1 Späterhin, in den 1850 anonym erschienenen „Briefen über Fürsten-
erziehung“ tritt Rinck bezeichnenderweise auch der Auffassung entgegen, als
müsse die militärische Bildung bei einem Fürsten vorherrschen, als sei der
Wehrstand der erste, und spricht sich, im Einklang mit den in England und
Frankreich herrschenden Anschauungen, für Unterordnung der militärischen
Erziehung unter die allgemeine aus. A. a. O.
2 Es fiel im Lehrplane ganz aus.
3 Ergänzend sei hier zu den Mitteilungen des Großherzogs S. 27 be-
merkt, daß diese auch durch die Erinnerung an die Schrift von Laity, Le
prince NapoPon ä Strasbourg, Relation historique des evenements du 30. Oc-
tobre 1836, beeinflußt sein mögen, wo zum Aufenthalt des Prinzen in Baden
im Juli 1836 berichtet wird: „Un soir apres une de ces fetes brillantes qu’offre
le sejour de Bade, il monte ä cheval, accompagne d’un ami, et franchit en quel-
ques heures la distance qui le separait de la France; il s’arrete un moment aux
bords du Rhin ... et ä la tornbee de la nuit il entre ä Strasbourg“. A. a. O. S. 35.