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Gradenwitz, Otto [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1921, 6. Abhandlung): Akten über Bismarcks großdeutsche Rundfahrt vom Jahre 1892 — Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.37796#0019
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Bismarcks großdeutsche Rundfahrt vom Jahre 1892. 19*
ultima ratio, ein allerhöchstes Schreiben, angewandt, vielmehr ent-
hüllt Frhr. v. Mar sch all einen anderen Plan, indem er dem Grafen
Eulenburg schreibt: ,,amtlich ist in dieser Hinsicht nichts geschehen
als die Mittheilung der an Prinz Reuß ergangenen Instruktion an
Gr. Kälnoky1 und eine Äußerung meinerseits an Gf. Szechenyi in
dem Sinne, daß für die Bismarcks bei der Wahl Wien’s als Ort der
Hochzeit jedenfalls auch der Empfang des- Fürsten durch Kaiser
Franz Joseph eine Rolle gespielt habe, und wir mit Bestimmtheit
voraussähen, daß die Bismarckschen Blätter diesen Empfang gegen
unsern Kaiser ausbeuten würden.“ (Nr. 46.) Die letztere Äußerung
ein Wink, der Anfang Geständnis nicht amtlicher Schritte durch das
argumentum e contrario. Jedoch es hatte eben nichts verfangen, und
so richtet am 12. der deutsche Kaiser an den österreichischen die
Bitte, den Fürsten nicht zu empfangen.
Was hatte inzwischen Bismarck getan?
Er ersuchte den Botschafter am 12., die ,,nach dortigem
Brauche üblichen Schritte zu einer Meldung bei Seiner Majestät dem
Kaiser Franz Joseph, soweit sie nöthig sind, durch die Botschaft zu
„veranlassen“. Der Botschafter beeilte sich, die Bitte an Kälnoky
weiterzugeben. (Nr. 10.) Die „Post“ hat hervorgehoben, als Groß-
kreuz des Stephansordens habeBismarck dasRecht gehabt, sich beim
Kaiser Franz Joseph direkt zur Audienz zu melden; dies betrifft
freilich nur die österreichischen Satzungen; die Sitte, daß ein,
nicht dem hohen Adel angehöriger, Reichsdeutscher durch die Bot-
schaft einreicht, wird dadurch nicht berührt. Allein, daß es Bis-
marck möglich gewesen wäre, direkt anzugehen, wird dadurch
bewiesen, daß er selbst einem Münchener Interviewer sagte, er habe
den offiziellen Weg durch die Botschaft beschritten2. — Wenn er
direkt nachgesucht hätte, würde das Hofamt wahrscheinlich nicht
erst bei der Botschaft haben anfragen lassen. Es ist dies von Wich-
tigkeit. —
„Eine Laune des Zufalls“ (G. u. E. 3 S. 90) wollte es, daß dies
Gesuch am 14. in der Botschaft einlief, der Kaiserbrief aber am
1 Womit erwiesen, daß es nur eine facon de parier war, wenn Caprivi
die Absicht, zu beeinflussen leugnete.
2 „Er habe dies schon von Friedrichsruh aus und zwar auf dem amtlichen
Wege durch die deutsche Botschaft getan. In Dresden und München habe er
— ohne unhöflich zu sein — nicht um eine Audienz nachsuchen können,
da die Frist seines Aufenthaltes anfänglich zu kurz bemessen gewesen sei.“
Nicht immer handelte er so penibel: in der Uniformfrage tat er, was ihm
passte (24. Brief an Graf Wilhelm).

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